Bänz Friedli
Jedes Vorurteil über Eltern stimmt
Autor und Kabarettist Bänz Friedli hat unseren Eltern-Fragebogen beantwortet. Er beschreibt darin, was er seinen Kindern zu verdanken hat und welche Eltern ihn nerven.
Name: Bänz Friedli
Beruf/Rolle: Autor und Kabarettist
Kinder: zwei, 26 und 24 Jahre
Familienmodell: Teilte sich die Haus- und Familienarbeit mit seiner Frau und arbeitete in einem kleinen Pensum freiberuflich von zu Hause.
Projekte: Kabarettprogramm «Bänz Friedli räumt auf», Start Januar 2025. baenzfriedli.ch
Das hätte ich gerne früher gewusst:
Nichts von allem. Weil: Hätte man alles gewusst, man hätte sich womöglich gegen das Kinderkriegen entschieden. Was schade wäre.
Seit ich Kinder habe, habe ich...
...das Kind in mir wiederentdeckt. Nichts ist schöner, als mit Kindern den Übermut zu geniessen, zu albern und gedankliche Freiheit wiederzuerlangen.
Da bin ich so auf die Welt gekommen:
Als unsere Tochter zur Welt kam und ich sie nach wenigen Sekunden in den Arm nehmen durfte. Ein Augenblick, so intensiv, tränenreich, berührend – jenseits von allem, was war und je sein wird.
Da habe ich komplett die Nerven verloren:
Komplett zum Glück nie. Entnervt war ich öfter, und das war gut: Die Kinder lernten früh, dass Eltern auch nicht immer gut drauf sind. Dass sie an manchen Tagen gereizt sind – und an anderen für jeden Scheiss zu haben.
Das kann ich als Vater supergut :
Ich war, glaub ich, nicht schlecht darin, binnen «no time» eine Mahlzeit auf den Tisch zu bringen.
Das würde ich heute anders machen:
Vermutlich wäre ich gelassener. Aber das geht nicht von Anfang an, weil Eltern immer Anfängerinnen und Anfänger sind.
Solche Eltern gehen mir auf die Nerven :
Solche, die sich in der Eisenbahn unendlich aufspielen und «showen», welch verständnisvolle Eltern sie sind. Die ihre Kleinen öffentlich hätscheln, tätscheln, überhöhen und ihren Balg für das grösste Wunder auf Erden halten, ärger noch als Hundehalter:innen. Das nervt. Ausser, man ist selbst besagter junger Vater. Denn genau so war ich auch.
Dieses Vorurteil über Eltern stimmt:
Jedes. Beinahe.
Dieses Vorurteil stimmt nicht :
Dass Eltern keinen Sex mehr hätten.
Strafen sind...
...albern und ein Eingeständnis kompletten Versagens.
Was muss sich für Familien in der Schweiz dringend ändern ?
Was für eine Frage! Alles muss sich ändern. In Sachen «familienfreundliche Politik» belegt die Schweiz in Europa gemäss UNICEF den allerletzten Rang. Es müsste überhaupt zuerst so etwas wie eine Familienpolitik geben: Teilzeitarbeit, Frauenförderung, Kinderbetreuung, Krankenkassenverbilligungen, faire Besteuerung...
Wenn ich keine Kinder hätte, wäre ich heute...
...nicht derjenige, der ich bin. Ich verdanke ihnen so viele Anregungen, Denkanstösse, erlebte Episoden, solch wertvollen Austausch. Ihr philosophisches und scheuklappenfreies Denken war ansteckend, ich hab so vieles von ihnen gelernt: Aufrichtigkeit, Konflikte auszutragen, den Umgang mit digitalen Geräten. Tolle Musik lernte ich ihretwegen kennen. Lustige Wörter. Und sie haben mir beigebracht, in der Sprache zu gendern.
Das würde ich meinem 14-jährigen Ich raten:
Er solle sich keine Sorgen machen. Entscheidungen seien nicht so wichtig. Weil es letztlich die Umwege sind, die das Leben ausmachen. Ich würde dem jüngeren Ich also sagen: «Gemach. Chunnt scho guet.»