Reeto von Gunten
Ich bin der mit den peinlichen Dad-Jokes
Spoken-Word-Künstler Reeto von Gunten hat unseren Eltern-Fragebogen beantwortet. Er beschreibt darin, was er als Vater supergut kann und was er als Papa nie tun wollte, jedoch trotzdem tut.
Name: Reeto von Gunten
Beruf/Rolle: Spoken-WordKünstler, Radiosprecher, Autor, Vater
Kinder: zwei, 20 und 22
Familienmodell: WG mit erwachsenen Kindern
Projekt: Bühnenprogramm «Originaal» bis Mai 2025
Das hätte ich gerne früher gewusst!
Dass jedes Kind irgendwann durchschläft. Dass Kinderkleider weniger lang passen, als sie halten würden. Die Anzahl Velos, die es «braucht», bis zum ersten «richtigen» Velo. Welch unglaubliche Sogwirkung von Fett, Salz und Zucker ausgeht. Und dass sich viele Probleme oft einfach herauswachsen mit der Zeit.
Seit ich Kinder habe, kann ich …
...meine Eltern besser verstehen. Wahrscheinlich haben sie auch ab und zu hinter unserem Rücken über uns Kinder gelacht.
Das würde ich meinem 14-jährigen Ich raten:
Schau, dass du mit einer Frau Kinder bekommst, die genau so ist, wie die, die du im Jahr 2000 in Zürich kennenlernen wirst.
Wenn ich keine Kinder hätte ...
...wäre ich vielleicht ein anerkannter Künstler irgendwo zwischen New York und Tokyo oder ein mittelloser Kiffer, irgendwo zwischen Selbstmitleid und Grössenwahn. Sicher aber wäre ich weniger glücklich.
Das kann ich als Vater supergut:
Ad hoc Geschichten erfinden, in denen die Kinder selbst eine Rolle spielen, und sie trotzdem so erzählen, dass sie einschläfernd wirken. Was ich blöderweise nicht so super kann, ist, mich am nächsten Abend gleich gut ans Erzählte zu erinnern wie die Kinder.
Das wollte ich als Papa nie tun und tue es trotzdem:
Lügen.
Das würde ich heute anders machen…
...wohl viel mehr, als ich weiss. Bestmögliches Elternsein ist genauso starken Veränderungen ausgesetzt wie alles andere auch. Was heute gilt, geht morgen nicht mehr. Das werde ich mir auch als Grossvater irgendwann mal in Erinnerung rufen müssen.
Solche Eltern gehen mir auf die Nerven:
Eltern, die ihre Kinder auf Social-Media-Kanälen in die gnadenlose Welt hinausstellen. Egal ob virtuos Geige spielend oder plump hinfallend, egal ob gut gemeint oder schamlos ausgenutzt, diese Kinder werden blossgestellt. Und irgendwann werden sie feststellen, dass von ihnen Dinge veröffentlicht wurden, die sie ihr ganzes Leben lang verfolgen – und nie mehr rückgängig gemacht werden können. In so einer Elternhaut möchte ich dann nicht stecken.
Mein wichtigster Eltern-Hack …
... ist das Spielen. Solange man gemeinsam spielt – und das funktioniert eigentlich ewig –, ist alles gut.
Das stresst mich unglaublich:
Alles, was ich mir an Problemen und Gefahren auszumalen imstande bin, wenn ich nachts aufwache.
Das ist mir wichtig:
Eine dem Kind entsprechende, möglichst optimale Ausbildung zu ermöglichen.
Das ist mir unwichtig:
Was «XY aus der Parallelklasse hat, darf oder kann».
So belohne ich mich:
Mit wöchentlichen Abenden mit meiner Frau und zurückgelegten Höhenmetern mit meinem Velo.
Strafen sind …
... nur dann sinnvoll, wenn sie in direktem Zusammenhang mit der vermeintlichen Fehlbarkeit stehen und vor allem: fürs Kind nachvollziehbare Konsequenzen sind. Meistens hilft es, vorher erst einmal tief durchzuatmen. Und zu reden.
Zu Hause bin ich zuständig für…
... peinliche Dad-Jokes. Funktioniert ganz einfach: Man muss bloss irgendeinen Witz machen – und Vater sein. Zack: peinlich!
Das muss sich für Familien in der Schweiz dringend ändern:
Mehr oder weniger alles, was nicht so ist wie in Skandinavien.