
zvg
Ferientypen
Alphütte oder Kinderdisco
Ferienzeit ist die schönste Zeit. Nun ja, meistens jedenfalls. Denn: keine Erholung ohne Ferienziel, das zur eigenen Familie passt. Welches das ist, hängt ganz vom Familientyp ab.
Eine Umfrage hat ergeben, dass sich 51 Prozent aller Paare «regelmässig» bei der Ferienplanung streiten. 37 Prozent tun das nicht nur regelmässig, sondern «häufig». Man muss schon sagen, das sind erstaunlich optimistische Befunde, die nahelegen, dass nur Kinderlose befragt wurden. Wird nämlich noch ein am Nuggi vorbei geheultes «Ich will aber Babyziegen !» in die Ferienplanung einbezogen sowie ein «Gibts da überhaupt WLAN» des älteren Kindes, wird klar: Familien decken völlig mühelos auch die restlichen Prozente ab. Höchste Zeit also, mit der Diskutiererei anzufangen. Hilfreich dabei: eine Standortbestimmung und Klärung der Frage: «Welcher Ferientyp sind wir eigentlich?»

Stock und Stein, Wald und Flur oder Wasser der schäumenden Art sind für sie das Grösste. Im Besitz der Adventure-Family befinden sich: Funktionsjacken in allen Grössen, meist das neuste Modell. Stirnlampen, ein Campingkocher und Velos ohne Körbchen vorne dran, dafür mit beeindruckendem Reifenprofil. Kartenlesen ist für mindestens ein Familienmitglied kein Problem, und wo andere Menschen Bindegewebe haben, sitzen bei den Mitgliedern der Outdoor-Familie Muskeln. Wind und Wetter trotzen sie in Wasserdichtem, siehe oben. Von Hartschalenkoffern haben sie bislang nur gelesen, stattdessen besitzt jedes Familienmitglied einen Rucksack, der vorschriftsmässig gepolstert ist, Gurte an dafür vorgesehenen Stellen hat und niemals pink ist. Ruhe erhofft sich die Familie vom Drumherum: Rehe, Hasen, Bäume, Felsen , all sowas. Nur sie selbst sind nie ruhig. Da wird geradelt, geklettert, gezeltet, geschwommen und gewandert. Irgendwo müssen die Muskeln ja herkommen. Bei der Ernährung ist die Outdoor-Familie anspruchslos und isst, was wächst oder sich in Dosen auf dem Campingkocher warm machen lässt.
Beste Ferienziele: die Berge, eine Veloreise oder ein Sportcamp mit Pferden, Surfbrettern oder sonst was, wozu man einen Helm braucht.

«Der Robi mit der Sonnenbrille, uh-la-la» in Konzertlautstärke schreckt hier keinen ab. Freudig besucht die Allinclusive-Familie die abendliche Kinderdisco im Hotel und beherrscht im Anschluss an die Ferien die Choreografie vom «Frosch im Cabrio-Tanz» perfekt. Ferien bedeutet für die All-Inclusiven: Bloss keine Gedanken ums Kochen machen müssen, keine Gedanken über die Kinderbespassung. Diese Spezies zeigt keine Scheu Aquafit- und Zumbastunden gegenüber, bei denen alle anderen Urlauber von den Sonnenliegen aus zusehen, und sehr regelmässige Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme ist wichtig. Sehr wichtig. Wann sonst gibt es schon «Hackbällchen mediterrane Art» zum Frühstück und Landesspezialitäten, die ein Koch mit Mütze rund um die Uhr brutzelt.
Beste Ferienziele: Egal, Hauptsache alles ist im Preis inbegriffen.

Unter ihnen finden sich niemals Menschen mit rotblonden Haaren, sähen sie doch nach zwei Tagen ohnehin aus wie das Hummerballett aus «Alice im Wunderland». Die Sonnenanbeter-Familie besitzt Badekleider in tadellosem Zustand, die weder ausgeleiert noch von Sonnenmilch vergilbt sind. Anzutreffen ist die Familie vorwiegend horizontal: auf Sonnenliegen, im Sand, auf Handtüchern. Waagerechte Fläche? Zack, liegen sie drauf und rühren sich die nächsten Stunden nicht. Kinder dieser Spezies sind gemütlichen Gemütes und graben Löcher. Erholung finden die Familienmitglieder im Nichtstun. Gar nichts tun. Also gaaaaar nichts. Einzige erlaubte Betätigung: Sonnencreme auf Rücken verteilen und langsames Rotieren auf der Unterlage. Was die Ernährung anbelangt, sind sie bescheiden: Glace und Pommes von der Strandbude – das ist wirklich ausgewogen genug.
Beste Ferienziele: überall, wo es Sonne, Sand und Strand gibt.

Erkennbar ist die Kultur-Familie an den apathisch hintendrein schlurfenden Kindern und einem Elternteil mit Dumont-Kunstreiseführer in der Hand. Reiseinformationen per Handy lehnen die Kunstbeflissenen ab, weshalb es ihnen zuweilen passiert, dass das im Buch angekündigte «pittoreske Künstlerviertel» der Stadt sich im Laufe der Jahre zur abgeranzten Drogenhölle entwickelt hat. Aber egal. Die kunstinteressierte Familie nutzt die Ferien, um ihren Kindern mal so richtig was an Bildung einzuflössen. Keine Kirche, kein Museum ist vor ihnen sicher. Ihr wichtigstes Ferienziel: schlauer nach Hause kommen. Die Kinder der Kulturbeflissenen sind stets die Lieblinge ihrer Lehrpersonen in der Schule und träumen im Geheimen davon, endlich alt genug zu sein, um mit dem Partycharter gen Malle zu fliegen. Ernährungstechnisch ist die Kultur-Familie immer auf der Suche nach dem Landestypischen und dem super Geheimtipp. Ihre Kinder sind daher nach den Ferien oftmals ein paar Pfunde leichter.
Beste Ferienziele: Städte aller Art. Einzige Bedingung: Es muss dort einen Haufen Altes geben. Gerne auch kaputt, in Form von Ruinen.

Die MischMascher sind mal hier, mal dort, finden Strand toll, Berge toll, Flüsse toll, Städte toll. Jedes Jahr begeistern sich sich für etwas anderes. Enthusiastisch machen sie in einem Jahr Ferien auf dem Bauernhof und drängen sich der Bäuerin zum Melken auf. Im nächsten Jahr fliegen sie nach Südostasien, was sie im Jahr darauf nicht wiederholen, weil eine Lebensmittelunverträglichkeit die Familie weite Teile des Urlaubs an die Hoteltoilette gefesselt hat. Die Wechselwähler unter den Urlaubern erkennt man daran, dass sie meist falsch gekleidet sind. Ihre Wanderschuhe verlieren – mangels regelmässiger Aufmerksamkeit – die Sohlen. Ihre Sonnencreme riecht ranzig, weil letztes Jahr Schottland angesagt war, und ihre Kinder zeichnen sich dadurch aus, dass sie abends bei der Almhüttenwanderung fragen, wann denn jetzt der Animateur kommt und «Aram zam zam» singt (letztes Jahr ! ) oder im Vier-Sterne-Ferienclub das Fehlen von Heu und Ausmisten von Ställen (letztes Jahr ! ) beklagen.
Idealer Ferienort: mal hier, mal da.
Viel Spass beim Diskutieren!