Gesund im Winter
Gesund im Winter: 14 Tipps für Eltern
Eltern können einiges für die Gesundheit ihrer Kinder im Winter tun. Hier die zahlreichen Tipps und Tricks von Fachleuten.
Hier finden Sie Tipps, wie Ihr Kind gesund durch die kalte Jahreszeit kommt. Dazu gehört das Stärken des Immunsystems, das Befeuchten der Nasenschleimhaut, die richtige Kleidung und Ernährung im Winter. Lesen Sie unsere Fragen an Experten und deren hilfreiche Antworten zum Thema Gesundheit im Winter.
Dieser Text beantwortet folgende Fragen:
1. Wie schützen wir unsere Kinder in den Wintermonaten vor Keimen?
2. Schützt Vitamin C vor Pfnüsel & Co?
3. Was können Eltern gegen Kita-Viren tun?
4. Wie die kleinen Hände waschen?
5. Wann braucht ein Kind fiebersenkende Mittel?
6. Riskiert man mit Ohrringen und Lippenpiercing Erfrierungen?
7. Welche Winterkleidung ist die richtige für Kids?
8. Wie bleiben Kinderfüsse warm?
9. Welchen Tee mögen die Kleinen?
10. Welche Wolle fürs Babymützchen?
11. Worauf achten beim Wohnklima?
12. Was kann man unternehmen, um Kinderstürze zu verhindern?
Das kindliche Immunsystem reift in den ersten Lebensjahren weiter, unter dem Strich beherrscht es seine Aufgabe aber schon nach der Geburt ausgezeichnet. Infektionen sind trotzdem normal. Viele Kinder haben in den ersten Jahren sechs bis acht Infektionen pro Jahr. Die Möglichkeiten, uns vor Infektionen zu schützen, sind beschränkt.
Altbewährte Methoden wie Händewaschen sind heute noch wichtig, da die meisten Infektionen über die Hände übertragen werden. Antibakterielle Seife, Desinfektionsmittel und spezielle Putzmittel sind aber unnötig, da sie keinen zusätzlichen Nutzen bringen und die Gefahr bergen, zum Beispiel geschluckt zu werden.
Wirksam wird das Immunsystem durch Impfungen gestärkt – besonders gegen Keuchhusten, Pneumokokken und Masern. Weiter empfehlen wir die jährliche Grippeimpfung ab dem Alter von sechs Monaten für Frühgeborene und Kinder mit chronischen Erkrankungen und deren Familien. Belegt ist, dass die Zellen im Immunsystem auf ausreichend Schlaf angewiesen sind. Und ist ein Kind Nikotin ausgesetzt, erhöht dies das Risiko für Atemweginfektionen.
PD Dr. med. Nicole Ritz, Leitende Ärztin Pädiatrie & pädiatrische Infektiologie, Basel
Nein, wissenschaftlich ist es nicht erwiesen, dass die Einnahme von zusätzlichen Vitaminen vor Erkältungen schützt. Zwar erfüllen Vitamine im Körper zahlreiche Funktionen und Vitamin C ist wichtig für ein gut funktionierendes Immunsystem. Wer an einem Mangel leidet, wird möglicherweise anfälliger gegenüber Infekten.
Ist der Bedarf jedoch gedeckt, bringt eine zusätzliche Einnahme keinen weiteren Schutz. Vitamin C kommt in vielen Lebensmitteln, insbesondere Früchten und Gemüsen vor und Vitamin-C-Mangel ist in der Schweiz ausserordentlich selten. Der tägliche Vitamin-C-Bedarf eines 5-jährigen Kindes wird beispielsweise mit 1 dl Orangensaft oder einer halben Kiwi bereits mehr als gedeckt.
Ebenfalls keine Wirkung hat die Einnahme von zusätzlichem Vitamin C bei einer bestehenden Erkältung – auch wenn uns das grosse Angebot entsprechender Produkte etwas anderes glauben lassen möchte.
Stéphanie Bieler, Ernährungsexpertin, SGE, Bern
Trockene Nasenschleimhäute sind besonders anfällig für das Eindringen von Keimen. Deshalb: Nase stets gut befeuchten! Morgens etwas Sesam-, Mandel- oder Kokosöl in die Nase reiben, das pflegt und stärkt die Schleimhäute. Nützlich sind auch natürliche ätherische Öle wie der Klassiker Ravintsara (Kampherbaum) – DAS Erkältungsöl schlechthin, weil es desinfizierend gegen Viren und Bakterien wirkt. Vermischt mit einem Trägeröl massiert man sich abends mit Ravintsara die Füsse ein, gibt einen kleinen Tupfer unverdünnt auf die Nasenspitze oder beduftet damit ein Taschentuch.
Gestärkt wird das Immunsystem auch durch Bewegung an der frischen Luft und ausgewogene, wenn möglich warme Mahlzeiten mit wenig Zucker und Weissmehl. Hilfreich sind zudem effiziente Heilpflanzen wie Echinacea, Propolis, Umckaloabo, Kapuzinerkresse oder Thymian. In vielen Drogerien kann man sich damit einen Spagyrik Resistenzspray mischen lassen.
Sabine Hurni, Naturheilpraktikerin, Baden
Händewaschen schützt bekanntlich vor Grippeviren. Mit einem Lied oder Reim fällts leichter, sich dafür auch ausreichend Zeit zu nehmen. Mit der linken Hand beginnen, jeden Finger einschäumen:
Das isch de Duume
Dä tuet grad stuune
Wie d’Seifi tuet schuume.
Dä lat s’Wasser a
Und de Chli seid lueged da!
Die linggi Hand isch suuber
Jetzt isch die Rächti dra!
Refrain:
Händli wäsche nöd vergässe
Jede Tag vor und nachem Ässe
D’Händli müend suuber sii
Jede Tag bi Gross und Chli
Quelle und musikalische Version: kitalieder.ch
Fieber gehört im (Klein-)Kindesalter zu den klassischen Symptomen einer Erkältung. Dabei handelt es sich meist um harmlose virale Atemwegsinfektionen, bei denen therapeutische Massnahmen zur Linderung der Beschwerden im Vordergrund stehen. Sehr häufig werden fiebersenkende Arzneimittel wie Paracetamol und Ibuprofen verabreicht – entgegen offiziellen Empfehlungen und wohl meist wegen mangelnden alternativen Behandlungsmöglichkeiten.
Fieber ist wichtig für die Entwicklung des kindlichen Wärmehaushalts und für die Reifung des Immunsystems. In Fachkreisen besteht weitgehend Einigkeit darüber, dass Fieber nicht gefährlich ist und aktiv zur Gesundung beiträgt. Entgegen der Meinung vieler Eltern steigt die Temperatur beim Fieber nicht unkontrolliert an, da es sich um einen vom Organismus genau regulierten Prozess handelt.
Will man die körpereigenen Abwehrkräfte des Kindes unterstützen, sollte man also möglichst auf fiebersenkende Arzneimittel verzichten. Der richtige Umgang mit dem fiebernden Kind erfordert Zeit, Ruhe und die Präsenz der Eltern. Für die Linderung der Symptome gibt es viele bewährte naturheilkundliche und komplementärmedizinische Massnahmen. Idealerweise lassen sich Eltern von einem Kinderarzt oder Hausarzt beraten.
Benedikt Huber, Kinderarzt, Zentrum für Integrative Pädiatrie, HFR Fribourg – Kantonsspital
Piercings und Ohrringe aus Metall werden bei Minusgraden schnell kalt und leiten die Kälte in die Haut. Das kann zu Erfrierungen führen. Erstes Anzeichen: Die Haut wird wegen der verminderten Durchblutung weiss. Nach dem Auftauen schwillt die Haut an und wird dunkelrot. Es kommt zu einer Entzündung, gelegentlich auch zu Blasen. Dann hilft nur noch eine entzündungshemmende Creme. Ist die Entzündung sehr stark, können Narben entstehen, an den Ohrläppchen gelegentlich auch Wulstnarben.
Besonders gefährdet sind weniger gut durchblutete und dadurch kälteempfindlichere Hautpartien wie Ohrläppchen und Nase, aber auch Lippen. Bereits bei wenigen Minusgraden kann es zu Erfrierungen kommen. Noch schneller erfriert die Haut bei kaltem Wind, auch bei Fahrtwind – zum Beispiel beim Skifahren oder Schlitteln.
Am besten die Piercings rechtzeitig herausnehmen oder abdecken, was an den Ohren ja gut möglich ist. Merkt man zu spät, dass ein Piercing schon zu einer leichten Erfrierung der Haut geführt hat, muss die Haut schnell wieder durchblutet werden. Da hilft nur rasches Aufwärmen in einem geheizten Raum und mit warmen – nicht zu heissen – Umschlägen.
Bettina Schlagenhauff, Fachärztin für Hautkrankheiten, Küssnacht am Rigi
Bloss nicht zu viel Geld für Handschuhe, Schals und Mützen ausgeben! Die sind schneller verloren als man «Ist das kalt!» rufen kann. Lieber gleich mehrere Paar davon kaufen und sie an zentralen Stellen platzieren: im Kinderwagen, in der Kita, im Auto, in der Handtasche. Man wird trotzdem immer zu wenige haben.
Bei Funktionskleidung wie Schneeanzügen sollten Eltern hingegen schauen, dass diese qualitativ hochwertig sind. Im Zweifelsfall lieber eine gebrauchte Garnitur von einem Outdoorhersteller als Neuware vom Discounter zum gleichen Preis. Faustregel: Wickelkinder bekommen einen winddichten Einteiler. Die müssen zum Windelwechseln sowieso ausgepackt werden.
Grössere Kinder tragen Jacke und Hose, damit sie im Ernstfall möglichst schnell ihre körpereigene Sprinkleranlage freilegen können. Und noch ein Geheimtipp: Auf Ausflügen eine Thermoskanne mit heissem Wasser und eine leere Bettflasche mitnehmen. Das wärmt Kinderhände und schont die Nerven!
Nils Pickert, Blogger und Papa von 4 Kindern
Naturmaterialien oder Synthetik – das ist eine Glaubensfrage. Grundsätzlich regulieren Wollsocken die Wärme und Feuchtigkeit optimal – denn sie tun es auch beim Schaf. Problematisch wird es, wenn die Schuhe den Luftaustausch hemmen wie zum Beispiel jene mit GoreTex-Membranen oder synthetischem Material. Die Feuchtigkeit bleibt im Inneren des Schuhs gefangen und das Naturmaterial Wolle saugt alles auf. Folge: feuchte Socken und kalte Füsse. Socken aus einem Mischgewebe mit Kunstfaseranteil eignen sich deutlich besser.
Bei den Schuhen ist Naturleder der Favorit. Wasserdichte Membranen wie GoreTex oder Sympatex sind nur sinnvoll, wenn die Kinder stundenlang im Wasser stehen.
Bei unterkühlten Füssen sollte die Temperatur langsam angehoben werden– allenfalls mit einem Fussbad. Mit Zimmertemperatur beginnen und langsam bis maximal 40 Grad anheben. Wenn sich die Blutgefässe zu schnell öffnen, führt dies zu starken Schmerzen – dem Kuhnageln. Auf keinen Fall die Füsse warm reiben oder drücken! Dafür den ganzen Körper ausreichend warm halten und das Kind mit heissem Tee oder Suppe von innen wärmen.
Patrick Hofer, Technischer Orthopäde, Zentrum für technische Orthopädie, Wädenswil
Bei Grippe oder Husten wird oft Kräutertee getrunken. Dieser schmeckt aber oft gewöhnungsbedürftig – selbst für Erwachsene. Wichtig: Bei Erkältungen grundsätzlich viel trinken. Das muss nicht zwingend Kräutertee sein – auch Grüntee oder Früchtetee eignen sich.
Bei Kindern haben wir vom Teeladen die Erfahrung gemacht, dass sie milden und natürlich aromatisierten Tee sehr gerne mögen. Bei uns laufen vor allem die Mischungen «Wilder Beerenmund» mit Erdbeer- und Himbeeraroma, «Schneewittchen» mit Waldbeeraroma und «Goldene Sonne», eine Kräutermischung mit Grapefruit- und Orangenstücken, sehr gut.
Der Kindertee darf auch lauwarm oder kalt und eventuell leicht gesüsst mit Honig oder Holunderblütensirup sein.
Bettina Maurer, Teeladen Teeblatt, Aarau
Selber stricken liegt im Trend. Für den Strick einer Babymütze ist Merino erste Wahl, weil sie kuschelig weich und wärmend ist. Baumwollgarn ist auch formstabil – aber nicht so warm. Merino ist zudem pflegeleicht, weil man sie in der Waschmaschine waschen und danach einfach trocknen lassen kann.
Auch Kaschmirwolle kratzt nicht und fühlt sich auf der (Baby-)Haut sehr flauschig an. Allerdings ist Kaschmir viel teurer als andere Garne und muss sorgfältig von Hand gewaschen werden.
Anita Krebser, Tuttolana, Bülach und Zürich
Gesunde Menschen sind nicht auf optimale Bedingungen angewiesen. Schwieriger wird es, wenn bereits Krankheiten der Haut oder Atemwege bestehen oder riskiert wird, dass Krankheiten an Kinder weitergegeben werden.
Allergiker sollten auf eher trockene Raumluft achten, damit sich Hausstaubmilben nicht vermehren. Also keine Luftbefeuchter, eher ein Luftreinigungsgerät mit Schwebstoff-Filter. Wenn die Eltern keine Tierhaarallergie haben, müssen sie nicht prophylaktisch Haustiere abschreiben. Im Gegenteil. Haben Kinder von Anfang an Kontakt mit Katzen, reduziert dies das Risiko von Allergien.
Menschen mit trockener Haut, Neurodermitis oder chronischen Entzündungen im Nasenbereich sind auf eine hohe relative Luftfeuchtigkeit angewiesen. Hier lohnen sich Luftbefeuchter. Diese sollten aber keine Filtereinlagen besitzen, da hier Schimmelpilze wachsen können. Verdunster, bei denen das Wasser jeden Tag gewechselt wird, sind sinnvoller.
Einen Schimmelbefall in der Wohnung unbedingt konsequent und schnell sanieren lassen. Schimmel gefährdet die Gesundheit.
Thomas Rothe, Pneumologe, Kantonsspital Graubünden, Chur
♦ Die Kleidung und das Schuhwerk sollten den Aktivitäten und den Jahreszeiten angepasst sein: Rutschsocken auf glatten Treppenbelägen im Haus, draussen gut besohlte Schuhe.
♦ Umgebungsbedingte Sturzgefahren (wie Gegenstände auf der Treppe) beseitigen.
♦ Die physischen Fähigkeiten des Kindes fördern. Hierzu gehören sicher:
♦ Rolle vorwärts, seitliches Abrollen, Rückwärtsrolle üben.
♦ Springen und Landen
♦ Kraft und koordinative Fähigkeiten spielerisch aneignen. Kinder rennen, hüpfen, springen und toben mit viel Neugier und entdecken so die Umwelt. Gerade im Kleinkindalter beim Erlernen der motorischen Fähigkeiten wie Stehen und Laufen ist das Stürzen eine stetige Begleiterscheinung. Kinder nicht daran hindern, sich in ihren physischen Fähigkeiten zu entfalten!
Rosario Artico, Dipl. Physiotherapeut, MAS msk, OMT svomp, Aarau
Im Winter ist die Gefahr des Ausrutschens auf Eis und Schnee hoch. So kann die Verletzungsgefahr bei einem Sturz gemindert werden. Kopf, Schultern und Nacken müssen geschützt werden, deshalb:
♦ Abrollen über Schultern
♦ Grosse Aufschlagfläche üben (abrollen vorwärts, seitwärts und rückwärts)
♦ Kinn an die Brust ziehen, flachen Unterarm als Unterstützungsaufschlagfläche nutzen
♦ Versuchen die Muskulatur locker anzuspannen ohne zu verkrampfen
Rosario Artico, Dipl. Physiotherapeut, MAS msk, OMT svomp, Aarau
Kneippen stärkt das Immunsystem – auch bei Kindern! Wichtig ist bei allen Kneippanwendungen mit kaltem Wasser: Der Körper soll warm sein! Kaltes Wasser gehört nie auf kalte Haut. Nach der Anwendung muss dafür gesorgt werden, dass das Kind sich durch Bewegung, warme Kleider oder Einkuscheln im Bett wieder aufwärmen kann.
♦ Schneetreten Barfuss in frisch gefallenem Schnee treten. Dies wirkt auf die Durchblutung und hat eine vegetativ stabilisierende und abhärtende Wirkung. Tritt Kälteschmerz auf, sofort aufhören. Danach aktiv wärmen durch Bewegung. Wollsocken anziehen!
♦ Wassertreten Was im Sommer an Seeufern und Bächen möglich ist – das Wassertreten – verlegt man im Winter nach drinnen. Mit warmen Füssen in einen Eimer mit kaltem – oder je nach Alter leicht temperiertem – Wasser (bis handbreit unter das Knie) steigen, im Storchenschritt Beine abwechslungsweise ganz aus dem Wasser ziehen. Nach 20–30 Sekunden das Wasser abstreifen, Socken anziehen, bewegen.
♦ Knieguss Das Kind stellt sich in eine Bade- oder Duschwanne und man bittet es, auszuatmen. Ein Giesskännchen mit temperiertem oder kaltem Wasser (je nach Alter und Empfinden des Kindes) vom rechten Fussrücken aussen aufwärts bis eine Handbreite über das Knie führen, kurz verweilen und an der Innenseite langsam wieder abwärtsgiessen.
♦ Barfussgehen Kinder, die regelmässig barfuss gehen, kräftigen den Organismus, sind widerstandsfähiger und gesünder. Barfussgehen ist anregend und belebend: Die Fusssohlen spüren das weiche Moos oder die spitzen Kieselsteine, den warmen oder kühlen Untergrund. Die Fussmuskulatur wird gestärkt und damit die ganze Körperhaltung positiv beeinflusst.
Lotty Wohlwend, kneipp.ch, Rickenbach bei Wil