Dafür & Dagegen
Sonnencreme: Geht es auch ohne?
Von Katja Fischer De Santi, Veronica Bonilla Gurzeler
Ein Thema - zwei Elternmeinungen. Niemals raus ohne meine Sonnencreme, sagt Katja Fischer De Santi. Es geht auch ohne – und erst noch umweltfreundlicher, hält Veronica Bonilla Gurzeler dagegen.
Dagegen
Schon mal überlegt, was mit der Sonnencreme passiert, die du dir und deinem Kind grosszügig einschmierst, sobald der erste Sonnenstrahl hinter den Wolken hervor blinzelt? Ich war ehrlich gesagt noch nie ein Fan von Sonnenschutzmitteln – der Geruch, das Klebrige und die kryptischen Inhaltsstoffe der meisten Produkte sind mir suspekt. Ausserdem wird mit drei kleinen Kindern das Eincremen schnell zur epischen Qual. So gewöhnten wir uns an, wenn wir im Sommer um die Mittagszeit draussen sind, uns vor allem im Schatten aufzuhalten. Oder langärmlige Shirts und Sonnenhüte zu tragen.
In den vergangenen Jahren häuften sich die wissenschaftlichen Berichte, die zeigen, dass die Sonnenschutzmittel vielen Wasserorganismen erheblichen Schaden zufügen. Ja, genau: Ein Teil der Sonnencreme, die wir auftragen, wird zwar von unserer Haut aufgenommen, der Rest landet aber irgendwann im Wasser. Spätestens beim Duschen, häufig schon vorher, beim Baden im Pool, im Fluss, See oder Meer. Jährlich sollen 6000 bis 8000 Tonnen Sonnencreme in die Weltmeere gelangen. Das Korallensterben in Hawaii ist eine der sichtbarsten Auswirkungen davon. Es ist derart dramatisch, dass in Hawaii seit 2021 nur noch bestimmte korallenfreundliche Sonnencremes erlaubt sind. UV-Filter stehen zudem im Verdacht, hormonähnlich zu wirken, was bei manchen Fischen verminderte Fruchtbarkeit und Missbildungen zur
Folge hat. Tönt auch nicht wirklich toll. Klar, wenn meine Tochter an einem strahlend schönen Tag um 12 Uhr einen Fussballmatch hat, ist Sonnencreme Pflicht, denn mit Kopfbedeckung lässt sich kein Spiel gewinnen. Sonst aber lassen wir die Finger von der Chemie, der Natur und uns selbst zuliebe.
Veronica Bonilla Gurzeler
Mag die Cremerei generell nicht besonders und ist froh, dass sie und ihre Kinder von Haus aus keine Bleichgesichter sind.
Dafür
Sonnencreme? Was für eine Frage! Natürlich werden meine lieben Kleinen eingecremt, und zwar nicht zu wenig, des Öfteren auch gegen ihren kindlichen Willen. Sie finden es unnötig. Ich und die Hautkrebsliga wissen es besser. Früh schützt sich, wer später nicht regelmässig seine Haut nach seltsam verformten Flecken absuchen will. Jährlich erkranken mehr als 200000 Menschen in der Schweiz an weissem Hautkrebs. Eine der Hauptursache dafür ist laut Krebsliga «ungeschützte Sonnenexposition». Drum renne ich meinen Kindern, seit diese wegkrabbeln können, mit Sonnencreme hinterher. Denn das mit brav im Schatten sitzen bleiben, Hütchen tragen und in hautenge, halb feuchte UV-Shirts zu schlüpfen, hat nie wirklich gut funktioniert.
Barfuss in Badehosen am See, selten auf dem Tüechli, meist im oder auf dem Wasser, so verbringen wir die Sommertage. Zur Siesta geht es ab nach drinnen oder in den Schatten. Den Rest des Tages wird regelmässig eingecremt. 50+, wasserfest, transparent, ohne Parfum, korallenfreundlich und in grosse Pump-Flaschen abgefüllt, so muss eine Sonnencreme für mich sein. Denn kleine Buben einzucremen, ist schon schwierig. Sie mit einer fettigen, dafür chemiefreien Öko-Paste einzuweisseln ein Ding der Unmöglichkeit. Auch wichtig: Die Sonnencreme immer gut einziehen lassen. Meine Kinder haben sich längst dran gewöhnt, dass sie im Sommer keinen Schritt aus dem Haus und schon gar nicht an den See machen ohne Sonnencreme. Sie wissen den Schutz zu schätzen. Wenn sie am Strand Menschen mit Sonnenbrand entdecken, rufen sie manchmal etwas gar laut: «Haben die keine Mama, die sie eincremt?»
Katja Fischer De Santi
Für sie gehört der Geruch von Sonnencreme zum Sommer wie klebrige Glacefinger und das Klatschen der Wellen am Ufer.