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Monatsgespräch
«Partnerschaft vor Elternschaft»
Loredana und Kilian Bamert sind als Saturday.and.Sunday wohl das bekannteste Comedy-Ehepaar der Schweiz. Oder eher Social-Media-Paar? Paartherapie-Podcast-Paar? Eine gemütliche Kaffeeplauderei über Müdigkeit, Klischees und die Seesternposition im Bett.
«Wow, das ist aber mal ein toller Blumenstrauss da auf dem Tisch.»
Loredana: So was steht bei uns auch nicht immer. Das sind Riesenlilien aus Asien. Wir hatten vor ein paar Tagen unseren neunten Hochzeitstag. Den wunderschönen Strauss hat mir Kilian geschenkt. Ich finde, sie riechen so fein.
Apropos Asien – ihr seid seit 15 Jahren zusammen, seit fünf Jahren Eltern. Wie ist es jetzt als Mama und Papa mit den zum Teil spektakulären Reisen? Wie sieht es aus mit eurer Identität als Globetrotter und Abenteurer?
Loredana: Ach, unser früheres Leben vermissen wir eigentlich nicht. Wir haben uns sogar während einer Reise, am Strand der Dominikanischen Republik, entschieden, dass wir den nächsten Schritt tun und Kinder haben wollen.
Kilian: Und wir machen trotzdem noch Fernreisen, auch wenn es mit den Kindern natürlich anstrengender ist. Aber das Reisen ist für uns wichtig.
Loredana: Die Frage nach der Identität und ob Eltern zu werden einen Bruch in der Identität bedeutet, ist interessant. Das erste Jahr als Mama war wirklich krass. Man ist so anders, so müde, so erschöpft, so rund um die Uhr verantwortlich. Trotzdem war es für mich kein Bruch in meiner Identität. Vielleicht weil ich schon vor der Schwangerschaft zur Bedingung gemacht habe, dass wir uns alle Aufgaben in der Familie 50 : 50 teilen, wir weiterarbeiten und dass das Kinderhaben nicht an mir hängen bleibt. Elternschaft war für mich also eine Weiterentwicklung, kein Bruch. Kilian: Eltern zu werden, ist Schlafverlust, nicht Identitätsverlust. Ich denke, unser Halbe-Halbe hat geholfen, dass wir wir geblieben sind. Hier auf dem Land fällt man als Papa allerdings noch auf, wenn man unter der Woche vormittags mit den Kindern unterwegs ist. Dann hört man schon mal Kommentare wie: Ja, wo ist denn das Mami?
Loredana: Ehrlicherweise haben wir in der Babyzeit unserer Kinder weniger gearbeitet. Wir waren zu platt. Fix und foxi. Kilian: Ja, wir sind echt auf die Welt gekommen, wir hatten völlig unterschätzt, was es bedeutet, Kinder und einen Beruf zu haben. Loredana: Rückblickend weiss ich nicht, ob es wirklich notwendig gewesen wäre, dass wir beide so masslos erschöpft waren. Ich meine – irgendwie ist im ersten Jahr doch immer die Mama dran. Stillen kann der Vater nun mal nicht und unsere Tochter hat rigoros sowohl Nuggi als auch Schoppen verweigert.
Vielleicht wäret ihr aber sonst in die typische Elternfalle geschliddert und in die Rollenverteilung der 50er-Jahre zurückgebeamt worden?
Loredana: Ich glaub nicht. Kilian ist ein toller Dad. Und der grosse Held unserer Tochter. Das weiss er auch ...
Kilian: Die Mutter hat ja eine besondere Bindung zum Kind. Wir Männer haben eine andere Rolle und bekommen erst später, jetzt wo unsere Tochter in den Kindergarten geht, mehr Bedeutung.
Loredana: Also sorry, die Bedeutung hat doch nichts mit dem Geschlecht zu tun ! Bonding gibt es auch zum Vater. Du siehst doch, wie sehr sie an dir hängt. Gut, Stillen ist rein bei der Frau, aber die Beziehung zum Vater ist genauso eng. Anders, aber nicht schlechter. Kilian: Sag ich doch .
Loredana
Wo wir gerade beim Thema sind. Auf Social Media und in eurer Show bedient ihr auch Geschlechterrollenklischees. Ihre Schreckhaftigkeit, seine herumliegenden Socken...
Kilian: Halt ! Unsere Bühnenshow heisst zwar «Warum ist SIE/ER so» aber SIE und ER, das sind Loredana und Kilian, nicht Frauen und Männer. Das ist nicht ans Geschlecht gebunden. Viele Zuschauer sagen uns auch, dass es bei ihnen genau gleich sei, aber umgekehrt. Also der Mann wie Loredana und die Frau wie ich.
Loredana: Obwohl ich wirklich viele Klischees bediene. Ich weiss selbst nicht wieso. Wichtig ist mir aber, dass Kilian und ich immer auf Augenhöhe, gleichwertig, sind.
Wie erklärt ihr euch eigentlich den Riesenerfolg von eurem Paartherapie-Podcast und der Show: Karten fürs erste Tourjahr waren ja sehr schnell ausverkauft und auch für die Tour im Frühjahr 2026 gibt es nur noch wenige Karten.
Loredana: Toll, oder? Ich denke, die Leute hören uns zu, weil wir ehrlich sind, weil wir offen über Beziehungsprobleme reden. Das ist eher ungewöhnlich. Die Leute erkennen sich in unseren Problemen wieder.
Kilian (lacht): Und wir therapieren uns natürlich mit unserem Podcast selbst.
Und auch andere. Euer Ziel, steht auf eurer Homepage, ist es, die Schweizer Scheidungsrate um 1 Prozent zu senken.
Loredana (lacht): Das ist natürlich ein Scherz. Aber – ganz ehrlich – der Podcast ist wirklich gut für unsere Beziehung. So intensiv miteinander zu reden, wäre wahrscheinlich für jede Beziehung gut. Sich eine Stunde ungestört zusammensetzen und in aller Ruhe über ein fixes Thema sprechen. Zuhören, einander ausreden lassen, das ist sehr beziehungsschützend.
Kilian: Es ist gut, Probleme anzusprechen und sie möglichst mit Humor zu nehmen. Über ein Problem zu lachen ist besser, als sich in den Ärger hineinzusteigern.
Loredana: Wir sind keine professionellen Therapeuten, aber wenn unsere Zuhörer durch unseren Podcast miteinander ins Gespräch kommen und ihnen das hilft, dann freut mich das. Ich wollte schon immer einen Beruf, bei dem man anderen helfen kann. In Afrika Brunnen bohren, Krankenschwester werden – so was. Leider kann ich keine Brunnen bohren und auch kein Blut sehen.
Ihr lasst im Podcast kein Thema aus. Auch nicht das in vielen langjährigen Partnerschaften schwierige Thema Sex.
Loredana: Ich rede gerne über Sex.
Viele Eltern mit mehreren Kindern eher nicht.
Kilian: Ich finde, man muss als Eltern bewusst Gelegenheiten für Sex schaffen. Es schadet Kindern nicht, auch mal samstagmorgens vor einen Film gesetzt zu werden, damit die Eltern im Zimmer verschwinden können.
Loredana: Und wir stellen die Partnerschaft vor die Elternschaft. Ich weiss, das regt die Leute furchtbar auf, aber ich sehe das so.
Monatelang keinen Sex gehabt zu haben, das darf man zugeben, aber nicht, dass die Kinder an zweiter Stelle kommen?
Loredana: Richtig. Das darf man auf keinen Fall sagen. Wobei – die Liebe zu den Kindern ist einfach eine andere als die zum Partner. Ich finde jedenfalls, man sollte als Paar auch dann noch funktionieren, wenn die Kinder irgendwann aus dem Haus sind.
Zurück zum Thema Sex in Langzeitbeziehungen.
Kilian: Für uns Männer ist Sex weniger ein Problem. Obwohl , manchmal doch. Dieses: Ein Mann kann immer und will immer, erzeugt auch Druck. Vor allem, wenn man den Kopf einfach zu voll hat von der Arbeit und zu Hause sind da weitere Erwartungen der Familie.
Loredana: Kilian und ich haben auch nicht die statistischen drei Mal die Woche Sex.
...?
Loredana (lacht): Mal tun wirs zwei Wochen gar nicht und dann wieder fünf Mal die Woche. Überhaupt halte ich das für vorgeschoben, dass Sex angeblich abflaut, nur weil die Beziehung schon lange besteht. Kilian: (lacht).
Wieso vorgeschoben?
Loredana: Ich denke, die Flaute im Bett hat weniger mit der Beziehungsdauer zu tun, sondern damit, ob man seine Bedürfnisse kennt. Also: Ich könnte mit jedem Mann einen Orgasmus haben.
Kilian: Äh ... Ach, ja?
Loredana: Klar. Eine Frau sollte ihre Bedürfnisse kennen und die auch kommunizieren. Aus den Hörerinnenfragen bei unserem Podcast wissen wir, dass viele Frauen nach dem Prinzip Seestern verfahren.
Prinzip Seestern?
Loredana: Hinlegen, alle viere von sich strecken und das Ganze über sich ergehen lassen. Ist doch klar, dass das nach einer Weile nun wirklich keine Freude mehr macht.
Kilian: Ich denke, für eine gute Sexualität muss man mit sich selbst im Reinen sein. Dafür muss man selbst sorgen.
Loredana: Ich denke, wir Frauen haben halt auch ein Leben lang gehört, dass wir anständige Mädchen sein sollen. Ausserdem ist es leichter, die Verantwortung für den eigenen Orgasmus auf den Partner zu schieben. Aber mein Mann ist nicht alleine für meinen Orgasmus zuständig. Nein, jeder ist für sein Glück auch selbst verantwortlich! Wenn ich weiss, was ich will, und das auch sage, hilft das der Beziehung.
Viele Paare knicken unter Stress und Doppelbelastung durch Beruf und Kinder ein.
Kilian: Loredana und ich sind privilegiert. Wir haben – um noch mal auf den Sex zurückzukommen – viel Gelegenheit, weil wir arbeiten, wanns uns passt und eben nicht arbeiten, wenns uns nicht passt. In «klassischen» Familien dagegen ist das Zeitmanagement echt schwierig. Da kommen beide abends total kaputt nach Hause oder eine Person kommt erledigt nach Hause und die andere ist von der Arbeit zu Hause genauso fertig.
Loredana: Am Abend ist Sex sowieso am blödesten.
Kilian: Ich finde: Eine Partnerschaft ist glücklich, wenn jeder der beiden für sich auch glücklich ist. Für das eigene Glück ist nicht der andere verantwortlich.
Loredana, 34, und Kilian Bamert, 35, arbeiten als Video-Social- MediaComedy-Pärchen «Saturday.and. Sunday». Die zwei leben mit ihren beiden Kindern in Buchs SG. Derzeit sind sie mit ihrer Bühnenshow «Warum ist SIE/ER so?» in der Schweiz auf Tournee. Tickets gibts unter: loredana-kilian.ch
Jeder ist seines Glückes Schmied. Habt ihr noch einen weiteren Paartipp als Paartherapie-Podcaster?
Loredana: Für uns ist wichtig: die Träume des anderen ernst nehmen. Wir haben eine Ja-Kultur.
Was bedeutet Ja-Kultur?
Loredana: Nicht sofort das abwürgen, was der andere sich wünscht. Erst mal gilt es, eine grundsätzlich positive Haltung dazu einzunehmen. Kilian beispielsweise wollte diese Bühnenshow. Ich bin da weniger der Typ zu, weil ich so fürchterlich nervös bin. Bei der ersten Probe hatte ich kurz Panik und bin direkt wieder von der Bühne runter. Aber heute bin ich so froh, dass ich über meinen Schatten gesprungen bin. Ich konnte über mich hinauswachsen, wir haben nun gemeinsam eine Leidenschaft. Und jetzt sind wir zusammen sehr glücklich drüber. Und jeder für sich.