Mamaversum
«Mein Kind muss nicht teilen»
Für ein Kleinkind ist es uncool, teilen zu müssen. Wann also hören wir auf, sie dazu zu zwingen? Jetzt! Sagt unsere Kolumnistin.
Es ist saustreng ! Vor allem zwischen dem zweiten und dritten Geburtstag. Danach ist es, wenn man Glück hat, etwas einfacher. Easy ist es aber noch lange nicht. Wie auch? Die Kinder sind zu klein, um das Prinzip des Teilens zu verstehen. Dennoch fordern wir sie ständig genau dazu auf. Was folgt, sind Wutanfälle. Ein Fakt, der mich lange gestresst hat. Gehört es doch zum guten Ton, sein Kind zum Teilen aufzufordern, sobald ein anderes an seinem Spielzeug oder dem Inhalt seiner Znünibox interessiert ist. Klar, die Idee des Teilens ist schön. Wir vergessen aber, dass Kinder im Kleinkind-Alter das Teilen noch nicht als Akt der Solidarität verstehen können. Nicht, weil sie nicht wollen oder asozial sind. Sie sind einfach noch nicht so weit. Obwohl mir dieser Fakt bewusst ist, habe ich lange mitgemacht. Und meinen Sohn zum Teilen aufgefordert. Egal, wie friedlich er gerade am Essen oder Spielen war, wollte ein anderes Kind auch einen Apfelschnitz oder den Bagger, mit dem sich mein Sohn beschäftigte, schritt ich ein. Es endete immer in Tränen.
Hätte ich Freude? Nein!
Genau gleich habe ich es von anderen Eltern erlebt: Interessierte sich mein Sohn für Sachen, mit denen ihre Kinder beschäftigt waren, wurden diese ebenfalls aufgefordert, mit meinem Kind zu teilen. Neulich entschied ich, dass ich das nicht mehr will. Dass ich meinen Sohn nicht zum Teilen zwingen will. Ich fände es auch nicht cool, wenn ich mein Schoggistängeli teilen müsste. Ich würde es natürlich machen, weil ich erwachsen und sozialisiert bin, aber hätte ich Freude ? Nein ! Wieso also sollen die Kleinen spuren? Nach einer GoogleRecherche stosse ich auf einen Montessori-Artikel zum Thema: Kinder sollten nicht zum Teilen animiert werden. Ist ein Kind mit einem Spielzeug beschäftigt, das ein anderes Kind haben will, soll man diesem erklären, dass das besagte Spielzeug gerade besetzt ist und es damit spielen darf, wenn das andere Kind fertig gespielt hat. Ich juble. Natürlich ist es mir wichtig, dass mein Sohn lernt, zu teilen. Natürlich werden wir ihn motivieren und bestärken, es zu tun. Wir wollen aber damit warten, bis er in seiner Entwicklung so weit ist. Bis dahin muss unser Sohn weder Darvida noch Apfelschnitze, Bagger oder Bälle teilen. Er muss es aber auch handeln können, wenn andere nicht teilen wollen. Das ist mir wichtig: Nicht nur mein Sohn muss nicht teilen, auch andere Kinder müssen nicht. In diesem Sinne: Auf viele entspannte Stunden im Sandkasten, in der Badi und auf dem Znüni- und Zvieri-Bänkli.
Über Umwege, die sie als Reiseleiterin in die Türkei und an den Empfang von «Tele Züri» führten, landete Maja Zivadinovic im Journalismus. Zusammen mit Yvonne Eisenring und Gülsha Adilji macht sie seit 2021 den SRF-Podcast Zivadiliring. Ihr Lieblingsjob ist aber ein anderer: Seit Juni 2020 ist sie Mami eines Buben.