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Kopfläuse

Lästige Läuse - Tipps gegen die Viecher

Läuse, so denkt wohl jede neue Elterngeneration – das war einmal. Bis man sie auf den Köpfen der eigenen Kinder entdeckt. Was wirklich hilft, warum Behandlungen oft scheitern und welche Methoden man sich getrost sparen kann – die wichtigsten Antworten.

Zu einer Zeit, als man bei Läusebefall noch riet, sämtliche Kuscheltiere in den Tiefkühler zu stecken, riefen Jan Krüger und weitere Eltern die Deutsche Pediculosis Gesellschaft ins Leben. Zur Gründung entschloss sich der Informatiker 2006, so lässt sich auf der Internetseite nachlesen, weil er «hinreichend genervt» war, dass seine Töchter sich immer wieder mit Kopfläusen angesteckt hätten. «Es gab damals wenig verlässliche Informationen zum Thema», erzählt Krüger im Gespräch via Zoom. «Dieses Vakuum wollten wir füllen.» Heute sind seine Töchter längst erwachsen, Krüger aber berät weiterhin als Vereinsvorsitzender geplagte Eltern und ratlose Behörden. Für «wir eltern» beantwortet er zentrale Elternfragen.

  • Werden Läuse über Kopfbedeckungen oder Kissen verbreitet?

    Fachleute allerorten führen zu dieser Frage regelmässig dieselben zwei Studien an, zumal die Forschungslage zur Laus eher dürftig ist: In einer Arbeit wurden 1000 Kindermützen auf die Parasiten hin untersucht – entdeckt wurde kein einziger, obwohl sie sich auf den Schöpfen der Kinder in ansehnlicher Zahl tummelten. Böden und Möbel von Schulzimmern standen im Fokus der anderen Studie– vergeblich die Suche auch hier, während man im Haar der dort verkehrenden Schüler* innen ganze 14000 Parasiten zählen konnte. Also: Läuse können weder springen noch weite Strecken zurücklegen, und fern des menschlichen Hauptes überleben sie nur kurz, da sie alle zwei bis drei Stunden Blut brauchen.

    Sie verbreiten sich einzig, wenn sie sich das nahegelegene Haar eines fremden Kopfes krallen können. Mützen, Kissenbezüge oder Teddybären so heiss wie möglich zu waschen, luftdicht in Säcke abzupacken oder wochenlang ins Tiefkühlfach zu stecken, kann man sich also getrost sparen. Einzig Bürsten und Kämme sollten gründlich gereinigt und nicht geteilt warden.

  • Wie werde ich die Läuse wieder los?

    Das Mittel der Stunde, sagt Jan Krüger, sind Läuseshampoos auf Basis sogenannter Dimeticone. Das sind synthetische Silikonöle, die rein physikalisch wirken. Das heisst: Das Öl überzieht Läuse mit einem wasserabweisenden Film und dringt in die Atemlöcher der Parasiten ein, wodurch diese ersticken. Dimeticone sind nicht toxisch, jedoch leicht entflammbar. Noch in den Neunziger- und Nullerjahren wurden bei Läusebefall vor allem chemische Mittel eingesetzt. «Kinderärzte verschrieben damals vor allem Insektizide wie Permithin», erinnert sich Krüger. Heute wird von deren Anwendung eher abgeraten: Nervengifte werden von der Kopfhaut absorbiert, können Allergien auslösen und stehen in Verdacht, das Risiko für Leukämie zu erhöhen. Zudem hat der einst massenhafte Einsatz solcher Mittel weltweit zu resistenten Populationen geführt.

    Zur Diagnose einer Pedikulose – wie auch zur Ergänzung der Behandlung mit Läusemitteln – eignet sich das nasse Auskämmen: Dazu eine gewöhnliche Haarspülung grosszügig auf das nasse Haar auftragen, Strähne für Strähne mit einem Läusekamm durchkämmen und diesen immer wieder auf einem hellen Tuch abstreifen. Dies empfiehlt sich auch für Schwangere und Stillende sowie grundsätzlich für alle, die auf andere Mittel lieber verzichten möchten. «Das nasse Auskämmen ist nicht weniger wirksam als andere Methoden», betont Jan Krüger. «Allerdings erfordert es mehr Ausdauer und Geduld.» Die Behandlung muss in der Regel mehrere Wochen lang alle drei bis vier Tage wiederholt werden.

  • Warum scheitert die Behandlung so häufig?

    «Der Lebenszyklus der Laus macht einer erfolgreichen Therapie oftmals einen Strich durch die Rechnung», sagt Jan Krüger. Gängige Mittel töten zwar Läuse recht zuverlässig ab – nicht aber die Nissen. Schon am Folgetag beginnen meist die nächsten Nymphen zu schlüpfen, die Behandlung muss deshalb unbedingt nach acht bis zehn Tagen wiederholt werden, bevor die neuen Läuse selbst Eier ablegen. Und: «Gucken reicht nicht als Diagnose», so Krüger. Meist befänden sich selbst auf einem stärker befallenen Kinderkopf nur gerade zehn bis zwanzig Läuse. «Die entgehen dem Auge leicht.»

  • Gibt es keine pflanzlichen Präparate oder wirksame Hausmittel?

    Heute existieren auch Läusemittel auf der Basis von ätherischen Wirkstoffen wie Teebaumöl, Kokosnussöl oder Ylang-Ylang in Kombination mit anderen Phytotherapeutika. Zur Wirksamkeit und Verträglichkeit gibt es jedoch kaum Untersuchungen. Dasselbe gilt für Hausmittel: «Jedes Land hat seine eigenen Methoden, um Läusen beizukommen», erzählt Jan Krüger lächelnd. Manche schwören auf Essigtinkturen, andere setzen auf Haarpackungen aus Mayonnaise. Er stelle auch gar nicht in Abrede, dass mit der einen oder anderen durchaus Erfolge erzielt werden könnten, erklärt der Vereinsvorsitzende. «Nur versprechen will ich es nicht.»

  • Kann ich dem Läusebefall vorbeugen?

    Läuse mögen keinen Lavendel, heisst es immer mal wieder; derart parfümierte Shampoos und Öle versprechen darum, den Parasiten abzuhalten. Jan Krüger hält von Präventivmassnahmen generell wenig, an der abschreckenden Wirkung provenzalischer Düfte zweifelt er besonders: «Kopfläuse besitzen vermutlich gar kein Riechorgan.»

  • Müssen leere Nissen aus dem Haar entfernt werden?

    Läuse legen Eier sehr nahe an der Kopfhaut ab – bevorzugt an den Schläfen, hinter den Ohren und im Nacken –, die Nymphen schlüpfen nach sechs bis zehn Tagen. Da die Nissen mit einem wasserunlöslichen Klebstoff befestigt sind, bleiben sie danach noch lange im Haar haften. Grundsätzlich gilt: Eier, die mehr als einen Zentimeter von der Kopfhaut entfernt sind, sind leer. Sie schimmern im Gegensatz zu lebenden Nissen auch nicht braungrau, sondern weiss und sind deshalb besser sichtbar. Das ist nicht besonders ansehnlich, doch geht von ihnen keine Gefahr mehr aus.

  • Können Kopfläuse Krankheiten übertragen?

    Läuse sind lästig, aber harmlos. Der Juckreiz – eine allergische Reaktion auf den Speichel der Kopfläuse – setzt nach dem Erstbefall erst nach ein paar Wochen ein, bei erneutem Befall aber schon nach wenigen Tagen. Die Pedikulose kann dennoch beträchtliche Kosten verursachen: Für die Behandlung werden allein in Deutschland etwa 28 Millionen Euro pro Jahr ausgegeben. Hinzu kommen all die verpassten Schultage dort, wo Kinder von Kita oder Schulunterricht ausgeschlossen werden, sowie die damit verbundenen Arbeitsausfälle der Eltern. Fachleute im deutschsprachigen Raum halten den Ausschluss befallener Kinder heute in der Regel nicht mehr für angemessen. «Problematisch sind ja eher die Läuse, die man noch nicht entdeckt hat», sagt auch Jan Krüger. Entscheidend ist eine zügige Behandlung.

  • Scheren sich Läuse um Hygiene?

    Häufiges Haarewaschen trägt weder dazu bei, Läuse zu verhindern noch zu beseitigen. Die Kopflaus vermehrt sich auf einem frisch frisierten Kopf genauso rasch wie auf wirrem Haar.

  • Was hat Fridolin damit zu tun?

    Gar nichts. Kopfläuse sind äusserst wirtsspezifisch und befallen nur Menschen. Dass sie Fridolin, der Hausdackel, überträgt, ist daher ausgeschlossen. Sie seien sogar so weit adaptiert, ergänzt Jan Krüger, dass man sie einzig auf dem Haupthaar antreffe und nicht, wie etwa bei Filzläusen, auch in den Genital- oder Achselhaaren.

  • Warum scheinen immer nach den Sommerferien alle Läuse zu haben?

    Tatsächlich ist die Pedikulose jahreszeitlichen Schwankungen unterworfen, in unseren Breitengraden hat der Verkauf von Läusemitteln zwischen Mitte September und Ende Oktober jeweils Hochsaison. Diese Häufung könnte jedoch auch damit zu tun haben, dass Eltern vor Kita- und Schulbeginn wieder genauer hinschauten und Läuse eher entdeckten als während der Sommerferien, vermutet Krüger. «Der Peak kann also sowohl für grösseren Befall als auch mehr Behandlungen stehen.»

  • Warum sind Mädchen öfter betroffen als Jungen?

    Nein, es liegt nicht primär an den langen Haaren. Dennoch haben Mädchen rund um den Globus häufiger Läuse als Buben – doppelt so oft in Mitteleuropa, in der Türkei liegt das Verhältnis bei zwölf zu eins, in Kolumbien sollen sogar zwanzig juckende Mädchenschöpfe auf einen befallenen Bubenkopf kommen. Der Grund wird vor allem im unterschiedlichen Sozialverhalten verortet: Jungs stecken in der Regel seltener und weniger lange die Köpfe zusammen; ein kurzes Handgemenge reicht der Laus normalerweise nicht, um sich zum nächsten Wirt zu hangeln. Das ausgedehnte Sortieren der Spängeli- und Glitzerstifteschublade mit der allerbesten Freundin dürfte grenzüberschreitendem Parasitenverkehr hingegen Tür und Tor öffnen. Ganz ohne Bedeutung ist die Länge des Haares trotzdem nicht: Läuse bleiben in längeren Haaren eher unentdeckt, und die Behandlung erfordert mehr Ausdauer.

    Die Kopflaus begleitet den Menschen nun schon seit gut zwei Millionen Jahren – und wird es wohl weiterhin tun. Trotzdem gibt es bis heute keine Behandlungsmethode, vom radikalen Kurzhaarschnitt einmal abgesehen, mit der man die Parasiten rasch und ohne grösseren Aufwand loswürde. Die Autorin, es sei angefügt, tröstet sich als Mutter dreier regelmässig heimgesuchter Söhne damit, dass diese sich also offenbar besonders innig mit ihren Gspänli die Zeit vertreiben und auf geschlechtsspezifisches Sozialverhalten pfeifen. Dass sie davon manchmal eine Laus mit nach Hause bringen oder andernorts zurücklassen – es gibt Schlimmeres.

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