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Glückliche Beziehung
12 Tipps: Rezept für die Liebe
Unendliche Liebe und lebenslange Ehe: Die Sehnsucht danach ist grösser denn je. Deshalb gibt es reichlich Tipps, wie das klappen soll. Meist beknackte. Doch neuerdings auch ein paar lebensnahe.






Scheidung, scheints, kommt derzeit ein bisschen aus der Mode. Liessen sich 2010 noch 22 000 der 1,6 Millionen verheirateten Schweizer scheiden, sind es aktuell 16 000. In Deutschland sank die Rate von 49,6 Prozent auf 37,6 Prozent, und auch in Amerika hat die Pro-Kopf-Scheidungsquote den niedrigsten Wert seit 1970 erreicht. Es ist wohl irgendwie global. Parallel dazu wird zudem der Atem länger: Zog man hierzulande in den 1990ern noch nach 12 Jahren einen Schlussstrich, hatten Ehepaare, die 2016 vor dem Richter landeten, 15 Jahre durchgehalten. Liegt das daran, dass generell weniger geheiratet wird? Ohne Trauschein zusammenlebt, wer sich liebt? Nein, liegt es nicht. Die Heiratszahlen bleiben konstant, der Wunsch nach dauerhafter Bindung wächst. Rund drei Viertel aller jungen Schweizer sehen, laut einer Untersuchung der Psychologin Pasqualina Perrig-Chiello, eine dauerhaft «verbindliche Familie» als konstitutiv für Glück an, und ebenso viele sind auch der Ansicht, dass das gelingen kann. Die Frage ist nur: Wie?
Wertschätzung und gemeinsames Wachsen, Rituale, Respekt, achtsam streiten und Ich-Botschaften senden, bis die Schwarte kracht – so in etwa hiessen bislang die vermeintlich tragenden Pflastersteine auf dem Weg zum Beziehungsglück. Nur – welcher normale Mensch verhält sich so? Lebt, liebt und spricht wie ein ätherischer Elf? Keiner. Deshalb gibt es inzwischen neue Studien und Tipps. Lebensnähere.
Du oder keine(r) – oder sich nicht wehren reicht nicht
Es ist banal, aber wahr: «Männer (auch Frauen) sollten wirklich, wirklich nur die Frau heiraten, die sie auch wirklich unglaublich, überragend und sensationell finden», empfiehlt Scheidungsanwältin Ines Daun aus leidiger Berufserfahrung. Sich nicht gegen eine Ehe zu wehren, reiche nicht. Und die Wissenschaft gibt ihr Recht. Heiratet ein Pärchen erst, nachdem es schon jahrelang zusammengelebt hat und eine Hochzeit irgendwann schlicht folgerichtig scheint, ist das Scheidungsrisiko höher als bei denen, die flott heiraten. Den Grund dafür nennen Ökonomen «Beziehungsopportunismus». So heisst das wenig zukunftsträchtige «na, meinetwegen» auf Wissenschaftlich.
Merke: Wenigstens am Anfang sollte da das Gefühl sein: Sofort! Jetzt! Der/die oder keine! Weniger als das wird schnell sehr wenig.
So soll mein Leben aussehen – oder ein Plan kann nicht schaden
Drei Kinder wären schön? Räbeliechtliumzüge, Retriever und eigenes Häuschen im Grünen? Ist dann der weltenbummelnde Lebenskünstler tatsächlich die beste Wahl? Oder schwebt einem eine Zukunft als Karriere-Couple vor? Dann kann es sein, dass die seelenvolle Teilnehmerin an Engel-Seminaren auf La Gomera für stressbedingt schlechte Schwingungen und 60-Stunden-Wochen nur schütteres Verständnis aufbringt. Deshalb ist die Frage unumgänglich: Passt er/sie zu meinem langfristigen Lebensplan? Will er/sie so leben, wie ich mir das vorstelle? Über den Plan nachzudenken und mit dem Partner zu besprechen, kann erhellend sein.
Merke: Finger weg von «Fleissiges Bienchen sucht charmanten Abenteurer». Die Forschung weiss: Gleich und gleich gesellt sich gern ist Erfolg versprechender.
Ich denke, Hase, wir setzen am besten einen Ehevertrag auf – oder von Geizhälsen und Raffzähnen
Ehevertrag – das klingt furchtbar unromantisch. Weil ein Ehevertrag unromantisch IST. Das Thema im Vorfeld der Hochzeit aufzubringen, hat jedoch so manche Ehehavarie verhindert. Entpuppt sich doch zuweilen schon beim ersten Geldgespräch der Charmeur als Geizhals oder die sanfte Liebste als die rapschige Ziege, die sie im Falle einer Trennung werden würde.
Merke: Das Wort «Ehevertrag» in die Runde zu werfen, offenbart Charakterzüge und die Fähigkeit beider, sachlich Probleme zu lösen.
Merke 2: Nein, naiv eine Verzichtserklärung zu unterschreiben, ist kein Liebesbeweis. Nicht nur das Herz, auch das Hirn ist ein nützliches Organ.
Wir pfeifen auf die Wollmaus – oder wen kümmern kochen und wischen?
Studien belegen: Paare, die sich die Hausarbeit teilen, sind am glücklichsten. Angeblich, behauptet Scott Yakibu von der Universität Arizona, ist gemeinsames Engagement an Herd und Heckenschere nicht nur das beste Schmiermittel der Partnerschaft, sondern, ja, zugleich ein Aphrodisiakum. Das Problem dabei: Was genau heisst teilen? 10:90, 60:40? Und ist «Steuererklärung machen» mehr wert als «Klo putzen» oder weniger? Pragmatischer empfiehlt der Zürcher Paartherapeut Peter Schneider in «Peter Schneider, wie wird die Ehe schön?»: «Hausarbeit oder einen Teil davon delegieren.» Fürs Draussen «einmal im Jahr einen Gärtner kommen lassen». Gewese vermeiden: Schluss mit Perfektion, Jamie-Oliver-Menüs und Vorträgen zur Schädlichkeit der Wollmaus.
Merke: Praktisch ist im Haushalt Trumpf. Und Phlegma. Und eine Haushaltshilfe.
Meg Ryan ist doch süss – oder ein Hoch auf die Wurstigkeit
Die Frau packt zwei Koffer für ein einziges Wochenende auf dem Land. Er fährt vor eben diesem Wochenende drei Mal zurück, um zu kontrollieren, ob das Bügeleisen auch ganz sicher ausgestöpselt ist. Na und? Peter Schneiders Tipp: Sich den anderen als Held oder Heldin in einer romantischen Komödie vorstellen. Dann wird Schrulligkeit süss. Wie Meg Ryan. Noch immer nicht süss? Dann hilft nur Wurstigkeit: achselzuckendes Hinnehmen.
Merke: «Sich einen dauerhaften Partner auszusuchen heisst, sich ein paar dauerhafte Probleme auszusuchen» (Arno Retzer). Da bleibt nur liebevolles Resignieren und weiterwurschteln.
«Ich finde, du bist ein Arschloch» – oder vom Sinn der Ich-Botschaft
Ich-Botschaften senden. Ganz bei den eigenen Gefühlen bleiben. Respektvoll konstruktive Kritik anbringen … Die Top-Shots unter den Empfehlungen zur Streitkultur. Mein Gott, wer zankt denn so? Und was überhaupt hat Kultur mit Streit zu tun? Nix. Eben. Und deshalb haben Fachleute jetzt herausgefunden, dass «Ich finde, du bist ein Arschloch» auch nicht netter ist als «Du bist ein Arschloch». Und im Streit voll-auf-die-Zwölf besser ist als «ich fühle mich irgendwie abgelehnt». Authentisch heisst das Zauberwort. Streiten, wie es zu Temperament und Beziehung passt. In lauen Lieben leise. In leidenschaftlichen laut. Die deutsche Parfaim-Studie belegt, dass Pärchen, die Tacheles miteinander reden, zwar kurzfristig wenig froh sind, auf lange Sicht jedoch deutlich glücklicher miteinander werden als diejenigen, die Streit vermeiden oder alles Gesagte mit Blümchen garnieren.
Merke: Immer schön geradeaus. Und: sich ebenso unmissverständlich entschuldigen oder einen Schritt zu Versöhnung tun.
Wer hat eigentlich meinen ganzen Sex – oder die Sache mit der Statistik
Viel Elend kommt durchs Vergleichen, durch ein Aufrechnen von Soll-Wert und Ist-Wert, wie Arnold Retzer das Beziehungsbuchhaltern nennt. Das Durchschnittspaar hat zwei Mal wöchentlich Sex, redet zehn Minuten miteinander, macht, sagen wir, einander jährlich Geschenke im Wert von zu 300 Franken. Ist doch piepegal, was die anderen (angeblich) machen!
Merke: Vermessen der Beziehung führt letztlich nur zu quälenden Fragen wie: Wer hat eigentlich meine ganzen Geschenke und meinen ganzen Sex? Was zum nächsten Punkt führt…
Igitt, Speck – oder Kinderfüsse stören die Erektion
Fast 40 Prozent aller langjährig Verheirateten sind mit ihrem Liebesleben unzufrieden, hat Pasqualina Perrig-Ciello in jahrelanger Forschung herausgefunden. Männer häufiger als Frauen. 43 Prozent der Frauen ab Mitte 50 sollen sogar keinerlei sexuelles Interesse mehr haben. Und jeder dritte Mann zwischen 40 und 60 Jahren klagt, seine Partnerin missachte seine sexuellen Bedürfnisse. In ehelichen Schlafzimmern wird vor allem viel – geschlafen. Besonders wenig Sex haben frischgebackene Eltern und all jene, die mit ihrem Körper, mit Brust und Bauch, Beulen und Speck, unzufrieden sind. Tja. Frauenzeitschrift-Tipps zu beherzigen wie «Überraschen Sie ihn doch mal im Büro: ohne Höschen, nur mit Trench» oder «Buchen Sie heimlich eine Swinger-Kreuzfahrt auf dem Bodensee» ist mit gewissem Risiko behaftet. Was dann?
♦ Kinderfüsse aus dem Elternbett entfernen
♦ Frieden mit dem eigenen Aussehen schliessen
♦ Keine Leidenschaft bis zur Besinnungslosigkeit erwarten
♦ Sich dem Partner oder der Partnerin nicht konsequent schluffiger präsentieren als den Kollegen im Büro
♦ Küssen, Händchenhalten, Champagner trinken. Nicht nur den Rest vom Hagebuttentee, den das Kind beim Abendessen übrig gelassen hat.
♦ Und, so Peter Schneider: ab und an freundlich herhalten.
Merke: Der Appetit kommt beim Essen. Und generell gilt in Sachen Sex «Whatever works». Das geht keinen was an.
Es ist nicht so, wie es aussieht – oder wie Vertrauen pulverisiert wird
Kurz: Fremdgehen crasht die Ehe. Untreue ist, je nach Befragung, der häufigste Grund für eine Trennung oder zumindest einer der drei häufigsten Gründe. Mag sein, dass kein Mensch einem anderen gehört. Mag sein, dass zwischen 30 und 40 Prozent schon mal fremdgegangen sind. Mag auch sein, dass grenzenlose Freiräume toll sind und Paartherapeuten Recht haben, wenn sie gebetsmühlenartig wiederholen, ein Seitensprung müsse nicht das Ende sein. Muss er nicht. Ist er aber oft.
Merke: Fremdgehen pulverisiert Vertrauen. Deshalb lässt mans besser.
Amefi – oder brauch ich Anglerstiefel?
Michael Mary, Paartherapeut aus Hamburg, hat den Totengräber der Ehe ausfindig gemacht: «Amefi», die Illusion «Alles mit einem für immer» haben zu können. Gemeinsam im Garten die Quecken rausreissen, Jack-Wolfskin-Jacken im Partnerlook tragen, in Familie wandern und ihm zuliebe zusammen Angeln gehen … Wie schön! Nein! Aus zwei mach eins ist keine gute Idee. Zwei sollten zwei bleiben, sonst hat man nichts zu erzählen.
Merke: Sie braucht keine Anglerstiefel!
Vergiss Sumatra – oder weshalb Wein die Ehe rettet
Angeblich, liest man, ist es die Aufregung, die eine Ehe lebendig hält. Tandem-Bungeejumpen, gemeinsam bei Sumatras Orang Utans schlafen, den Nuggi vom Kleinkind absichtlich daheim lassen ... Alles Quatsch. Langzeitpaare geben ganz andere Tipps, wie man angenehm zusammen durch die Jahre surft: mit Fürsorglichkeit und Hilfsbereitschaft, Nachsichtigkeit, schrulligen gemeinsamen Gewohnheiten (Tatort! Sukkulenten! Samstags Badetag!) und regelmässig – ein paar Gläser Wein. Die amerikanische Gesellschaft für Gerontologie jedenfalls hat ermittelt, dass Langzeitverheiratete, die gemeinsam moderat Alkohol konsumierten, erheblich glücklicher waren als diejenigen, die gänzlich auf Alkohol verzichteten. Woran das liegt? Daran, dass man sich den anderen schön trinkt? Merlot Marotten und Mundfältchen liebenswert erscheinen lässt? Oder doch an der Korrelation von Schmallippigkeit und Abstinenz? Keine Ahnung. Aber, Prost!
Merke: Macht es euch einfach nett. So oft wie möglich.
Verbrühte Milch – oder kommt ein Häschen in die Bäckerei
Sage mir, worüber du lachst, und ich sage dir, wer du bist. Ungeteilter Humor ist doppeltes Leid. Wenn einer von beiden peinlich berührt auf dem Stuhl herumrutscht, wenn der Liebste zum hundertsten Mal den matten Witz vom Häschen beim Bäcker erzählt. Wenn der eine nicht versteht, weshalb der andere sich gerade die Lachtränen aus den Augen wischt; nur einer von beiden Ironie mag, wohingegen der andere Knubbeligkeiten des Alltags und sich selbst durchgängig mit heiligem Ernst betrachtet, dann wird das langfristig mit den Zweien nix. Zumindest nichts Schönes. Kann man nicht gemeinsam lachen, lässt sich nur mit Tucholsky sagen: «Die Ehe war zum grössten Teile verbrühte Milch und Langeweile. Und darum wird beim Happy End im Film gewöhnlich abgeblendt.»
Merke: Lachen bringts. Die Lage ist hoffnungslos, aber nicht ernst.
Buchtipps:
Ines Daun: «Lieber lange lieben», Eden Books, Fr. 24.90.
Barbara Lukesch: «Peter Schneider, wie wird eine Ehe schön?», Wörterseh, Fr, 37.90.
Arnold Retzer: «Lob der Vernunftehe», Fischer, Fr. 14.90.