Freizeittipps
Besser als Wandern
Immer nur wandern ist langweilig! Wir haben Klettersteige, Rodelbahnen, Berg-Trottis, Ziplines und Hängebrücken ausprobiert. Fazit: Ohne Schwitzen, Zittern, Fluchen und Schreien vor Glück gehts nicht.
Klettersteige
Einen Klettersteig zu erklimmen, fühlt sich an wie Wandern in der Vertikalen. Die meisten Routen sind gut abgesichert und einige davon absolut familientauglich. Wir wagen das Abenteuer in Engelberg (OW) – doch nach zehn Höhenmetern ist fast schon wieder Schluss: Nikola (7) will nach Hause. Weil hinter uns aber bereits die nächste Gruppe nachsteigt, gibts kein Zurück. Wir müssen jetzt durch diesen Klettersteig aufs Brunnistöckli. Ein Klettersteig ist so etwas wie Klettern ohne Seil. Man steigt über eine oder mehrere Felswände hoch, einem fixiertem Stahlseil entlang. An diesem sind vom Ein- bis zum Ausstieg alle stets gesichert.
Als Tritthilfe und Haltegriffe gibts Metallleitern, im Felsen einbetonierte Eisenstifte, Felsvorsprünge oder Hängebrücken. Es wäre gelogen zu behaupten, Klettersteige seien völlig ungefährlich: Wer stürzt, kann sich schwer verletzen. Ich steige also vor – und bin nach dem ersten Hindernis, einer fast senkrechten Wand mit Eisenbügeln, schon klatschnass.
Hinter mir flucht Nikola, weil er keinen Griff für seine Hände findet, dicht hinter ihm umklammert Gianni, mein Mann, das Stahlseil und redet dem kleinen Kletterer gut zu: «Keine Angst, Nikola, du schaffst das!» Dass sich unter uns geübte und etwas übermotivierte Klettersteiggänger stauen, stresst ihn kein bisschen. Gianni ist Bündner und weiss: Im Felsen ist das wichtigste, Ruhe zu bewahren.
Unten gähnt der Abgrund
Wir gewinnen an Höhe, nehmen vorsichtig Tritt um Tritt. Selbst Nikola schafft es mittlerweile, sich immer nur auf den nächsten Schritt zu konzentrieren. Angst zu überwinden zählt mehr, als keine Angst zu haben! Jetzt stehen wir vor der ersten Hängebrücke. Sie besteht aus nichts als einem Drahtseil für die Füsse, zwei Seilen für die Hände und dem durchgängigen Stahlseil für die Sicherung mit unseren Karabinern. Unten gähnt der Abgrund.
«Immer schön geradeaus schauen und die Füsse leicht schräg zum Seil stellen», höre ich mich Ratschläge erteilen. Meine Knie schlottern und das Adrenalin in meinem Blut feiert Party.
Nach einem Quergang und ein paar kleinen Felsvorsprüngen, um die wir herum kraxeln müssen, hängt eine zweite Seilbrücke. «Cool!», findet Nikola plötzlich und fragt mitten auf der Brücke: «Woraus ist eigentlich Metall gemacht?» Himmel! Meinem Gehirn fehlt im Moment komplett die Kapazität, komplizierte Kinderfragen zu beantworten. Was mir aber durch den Kopf geht: Teamgeist ist für das Unterfangen Klettersteig unabdingbar. Einander gut zureden, keine Hektik aufkommen lassen, schwelende Beziehungskrisen unbedingt zuvor bereinigen. Ansonsten geht die besagte Ruhe flöten.Die letzten Passagen durchklettern wir zügiger, denn oben wird das Gelände flacher. Und endlich kommen wir hormondurchtränkt beim Ausstieg an. Das erschlagend schöne Bergpanorama sehe ich nur durch einen Tränenschleier. Ich bin verdammt stolz. Auf Nikola, auf Gianni. Und auf mich.
Alter: Mutige Kinder ab 6 Jahren. Die Steige sind mit den Schwierigkeitsgraden K1-K6 bezeichnet. Mit Kindern höchstens mit K2 beginnen.
Preis: Klettersteige sind kostenlos. Klettersteigsets müssen aber mitgebracht oder gemietet werden, z.B. bei Bächli Bergsport oder Outdoor-Sportgeschäften in Bergdestinationen, 2 Tage ab 25 Franken.
Action-Faktor: 5 von 5. Selbst für einfache Klettersteige braucht es Mut und Trittfestigkeit. Die Belohnung ist eine spektakuläre Aussicht und ein unvergessliches Familienabenteuer.
Geeignet für: Schwindelfreie Familien mit Kindern ab Schulalter.
Besonderes: Zur Ausrüstung gehören gute Schuhe, Helm und Klettergurt, daran befestigt sind zwei elastische Bandstücke samt Sturzbremse und zwei Schnappkarabiner. Gefahren nicht unterschätzen! Den Wetterbericht studieren, nie bei aufkommendem Gewitter losziehen. Die Eltern sollten absolut schwindelfrei sein, für den Nachwuchs sind Klettersteige eine gute Übung, um Höhenangst zu überwinden.
Saison: Mai bis September.
Wo: In den Alpen und Voralpen gibt es mittlerweile Hunderte von Klettersteigen.
➺ kletterportal.ch/klettersteige
Buchtipp: Eugen E. Hüsler, «Leichte Klettersteige in den Alpen», Bruckmann Verlag, Fr. 50.–.
Klettersteige für Familien
Brunnistöckli, Engelberg: Zwar als Einsteigerklettersteig K2 deklariert, zumindest die Eltern sollten aber Bergerfahrung haben. Das Klettersteigset kann bei der Kräuter-Hütte gemietet werden. Dauer: 2 Std.,
➺ engelberg.ch/sommer/klettersteige-klettern
Chäligang, Engstligenalp: Schwierigkeitsgrad K2, Klettersteigset kann an Talstation gemietet werden,
➺ sac-cas.ch,
Klettersteig Pinut, Flims: Führt rasant schnell in die Höhe, eignet sich für Kinder ab 12 Jahren,
➺ klettersteig-flims.ch
Manuela von Ah
Sommer-Rodelbahnen
Sommerrodeln, das ist rasanter Spass für die tempobegeisterte Familie! Enge Kurven wechseln sich ab mit langen Geraden zum Tempo bolzen – oder kurz (wirklich nur kurz!) einen Blick auf die spektakuläre Aussicht erhaschen. Es gibt zwei Typen von Rodelbahnen: Bei der Wannenrodelbahn bewegt sich der Rodel frei auf der Metallwanne; wer zu schnell fährt, läuft Gefahr rauszufliegen. Coaster-Rodelbahnen sind schienengeführt und oft länger und schneller.
Alter: Auf den meisten Rodelbahnen können Kinder ab 8 Jahren und 135 cm Körpergrösse alleine fahren. Ab 3 Jahren fahren sie mit einer Begleitperson mit, die älter als 12 Jahre ist. Infos bei der jeweiligen Bahn.
Preis: pro Fahrt 3 bis 9 Franken (Kinder) bzw. 4 bis 18 Franken. (Erwachsene). Günstiger mit Tages- oder Mehrfahrtenkarten. Die Bergfahrt kostet bei den Coaster-Rodelbahnen in der Regel zusätzlich.
Action-Faktor: 5 von 5, wer draufgängerisch fährt. 3, wer den Fuss nicht von der Bremse kriegt.
Geeignet für: Macht mutigen Kids zusammen mit den Eltern ab 3 Jahren Spass – und noch viel mehr, sobald sie selber steuern können.
Besonderes: Nur bei trockenem Wetter möglich. Und am Wochenende und in den Ferien gibt es oft längere Wartezeiten.
Saison: März–November, einzelne Rodelbahnen sind ganzjährig geöffnet (z.B. Pradaschier).
Wo: In vielen Berggebieten, aber auch in den Voralpen und dem Jura, oft zusammen mit weiteren Freizeitangeboten.
Rodelbahnen mit Superlativen
Pradaschier in Churwalden (GR): Mit 3060 Metern ist diese Coaster-Rodelbahn die längste in der Schweiz: Hoch gehts zu Fuss oder mit der Sesselbahn, runter über 31 Kurven und mit bis zu 40 km/h. Kinder 9, Erwachsene 18 Franken.
➺ pradaschier.ch
Monte Tamaro (TI): Von Rivera gehts mit der Gondelbahn zum Erlebnispark und zur schnellsten Coaster-Rodelbahn der Schweiz. Wers wagt, schnurzt mit 50 km/h die 800-m-Strecke den Berg runter, für 5 Franken pro Fahrt.
➺ montetamaro.ch
Langenbruck (BL): 1000 Meter lang ist diese Wannenrodelbahn. Angetrieben durch Sonnenkraft tuckert man auf dem Rodel den Berg hoch – und mit Tempo wieder runter, durch mehrere Steilwandkurven und den einzigartigen 540-Grad-Kreisel. Ab 6 Jahren, 3 Franken.
➺ deinkick.ch
Gurten (BE) Die 500 Meter lange Wannenrodelbahn auf dem Berner Hausberg (Bild) eignet sich auch für kleinere Kinder ab 4 Franken.
➺ gurtenpark.ch
Veronica Bonilla Gurzeler
Hängebrücken
Hängebrücken und Action? Echt jetzt? Wir sagen: Ja, klar! Wer einmal eine Fussgänger-Hängebrücke überquert hat, weiss, was wir meinen. So richtig krass lange oder auch richtig hohe Brücken zu überqueren, hat es in sich. Das mehr oder weniger wankende Hängekonstrukt kann sich echt unheimlich anfühlen. Und da sind oft Gitterböden mit «Durchblick» in endlose Tiefen. Wenn dann noch viele Leute auf der Brücke sind... Also nur «easy» ist die Hängebrückenüberquerung nicht. Selbst wenn man schwindelfrei ist, kann es einem ganz schön wummrig in den Knien und schwummrig im Kopf werden. Die Brückenabenteuer lassen sich mit Spaziergängen oder Gondelund Sesselibahnenfahrten zu tollen Familienausflügen verknüpfen. Eine Sammlung aller Hängebrücken der Alpenländer inklusive Wandervorschläge findet man auf der tollen Webseite: ➺ haengebruecken.com.
Alter: Ab 4 Jahren je nach körperlicher Entwicklung und dem Willen zu wandern. Im Tragerucksack auch früher.
Preis: Teilweise kostenpflichtig, viele sind gratis oder haben ein Kässeli für freiwillige Beiträge.
Action-Faktor: 3 von 5.
Geeignet für: Alle, die wandern können und Freude an Höhe und Berge haben.
Besonderes: Erlebnis ausbaubar von «nur über die Brücke gehen» bis zur Wanderung mit Übernachtung in einer Berghütte.
Saison: Unterschiedliche Empfehlungen und Öffnungszeiten. Bei schlechter Witterung sind manche geschlossen.
Wo: Wie wärs mit der längsten Hängebrücke der Schweiz, der Charles Kuonen mit 494 Metern, welche Zermatt mit Grächen verbindet?
Oder auf Europas höchstgelegenste Hängebrücke? Der Titlis Cliff Walk liegt auf 3041 Metern über Meer und 500 Metern ab Boden.
Anita Zulauf
Downhill-Trotti
Mit dem Versprechen, auf einem Trotti den Berg runtersausen zu können, lassen sich auch wanderfaule Teenager den Berg hoch locken. Kaum eine Bergregion, die noch nicht auf diesen coolen Trend aufgesprungen ist. Ob Bikeboards, Dirt Scooter oder MonsterTrotti; allen ist gemein, dass man damit mit viel Action über wunderschöne Wanderwege runterkommt. Nur bremsen muss man gut können. Kinder unter 10 Jahren dürfen meist noch nicht alleine fahren.
Alter: ab 10 Jahren oder Mindestgrösse 135 cm. Kleinere Kinder können zusammen mit Erwachsenen auf dem Trottinett fahren. Einige Bergstationen bieten Trottis mit dickeren Reifen (Monster-Trotti) oder drei Rädern an, die einfacher zu fahren sind.
Preis: 18 bis 25 Franken pro Miettrotti
Action-Faktor: 4 von 5: Es braucht etwas Mut und einen guten Gleichgewichtssinn, vor allem in den Kurven.
Geeignet für: Familien mit grösseren Schulkindern.
Besonderes: Bei Regenwetter werden oft keine Trottis vermietet. Helmpflicht.
Saison: April–September
Wo: Fast alle grösseren Bergregionen vermieten an ihren Bergstationen Trottis.
Strecken für Familien
Elmer Höhenweg (GL): Erst durch ein Wildschutzgebiet wandern, dann das Spielparadies auskosten und zum Schluss mit dem Monster-Trotti ins Tal rauschen, ein perfekter Familientag.
➺ elm.ch
Samnaun (GR): Die Flimsattelbahn bringt einem zum Ausgangspunkt der Viderjoch-Strecke. Danach geht es 3,8 km lang auf einem Single-Trail (technisch einfach) rasant runter.
➺ samnaun.ch
Walensee (GL): Einfache, asphaltierte Strasse den Kerenzerberg runter. Perfekt schon ab 7 Jahren. Zudem gibt es spezielle Familien-Trottis mit einem erhöhten Podest vorne für die Kinder.
➺ kerenzerbergbahn.com
Fideris Heuberge (GR): Als Belohnung nach der Höhenwanderung von Klosters nach Fideris lockt eine 4 km lange Abfahrt.
➺ heuberge.ch
Katja Fischer De Santi
Zipline
Ich muss verrückt geworden sein», der Gedanke lässt sich spätestens in dem Moment nicht mehr verdrängen, wenn es heisst: «3, 2, 1 – los.» Nur an einem Seil (beängstigend dünn) über Gletscher, Schlucht oder Boden (beängstigend weit unten) zu sausen, braucht einiges an Mut. Wird aber belohnt. Wann sonst kann man ohne jede Fitness ein echtes Abenteuer erleben und von Adrenalin geflutet werden? Ziplines machen es möglich. Und: Hat man sich erst einmal überwunden, ist es toll.
Alter: Zwar ist etwa am Pradaschier im Bündnerland ein «Tandemflug» mit einem Erwachsenen auch für jüngere Kinder möglich, meist jedoch liegt das Einstiegsalter bei 9 oder 10 Jahren. Dann gehts auch allein. Besonders wichtig: das Gewicht. Bei manchen Ziplines liegt das Minimalgewicht bei 25 Kilo, beim «Sternensauser» am HochYbrig bei 30 Kilo. Warum? Wiegt das Kind weniger, ist nicht gesichert, dass es bis zum Endpunkt fliegt. Wer möchte schon auf halber Strecke in luftiger Höhe hängen bleiben?
Preis: Zwischen 35 bis 50 Franken für Kinder und Jugendliche, 50 bis 70 Franken für Erwachsene. Die grossen Preisunterschiede liegen etwa in der Länge der Zipline begründet. Handelt es sich um einen kleinen Rutscher oder einem mehrere Kilometer langen «Flug»? Ziplines sind im Flachland oft Teil von Outdoor Seilparks. Beachten: Was ist im Preis inkludiert? Auch die Sesselbahn?
Action-Faktor: 5 von 5: Bis zu 80 Metern über dem Boden zu schweben und dabei zuweilen mit bis zu 100 Kilometern pro Stunde am Seil zu sausen, das braucht schon Mut, der mit der ganz grossen Kelle angerührt wurde.
Geeignet für: Familien mit grösseren Schulkindern.
Besonderes: Die Ziplines schliessen oft schon mitten am Nachmittag und: Wetter abfragen! Schwangere dürfen nicht ziplinen.
Saison: Unterschiedlich. Im Sommer ist es jedenfalls angenehmer. Denn merke: Fahrtwind kühlt erheblich.
Wo: Die neuste und längste (von ganz Europa!) ist am Hoch-Ybrig (SZ). Weitere Ziplines gibt es im Bündnerland, in SaasFee oder in Nendaz.
Tipp: Wenn möglich eine GoPro mieten. Handyfilme sind nicht empfehlenswert und Teenies und Kinder möchten schliesslich eine Erinnerung und einen Beweis für ihren Mut. Okay, die Eltern ebenso.
Caren Battaglia