Ernährung
Wie eine klimaschonende Familienküche gelingt
Was auf unserem Teller landet, entscheidet mit, ob wir die Klimaziele erreichen. Doch wie kocht man für eine Familie klimaschonend und trotzdem unkompliziert?
Sich und seine Familie ausgewogen und gesund zu ernähren, ist gar nicht so einfach. Die einen Kinder sind Gemüsemuffel, die anderen wollen am liebsten jeden Tag Teigwaren. Eltern sind froh, wenn sie einige Lieblingsgerichte gefunden haben, die allen schmecken. Und jetzt sollen sie bei der Essensauswahl auch noch auf das Klima schauen? Die Antwort lautet: Ja! Was wir essen – und wie die Landwirte diese Nahrungsmittel hergestellt und die Lebensmittelindustrie sie verarbeitet haben – spielt eine bedeutende Rolle dabei, die Auswirkungen der Klimakrise zu beschränken. Denn die Lebensmittelproduktion ist für einen Viertel der weltweiten Treibhausgasemissionen verantwortlich.
Als Eltern sind wir in der Verantwortung
Eins vorweg: Die grossen Veränderungen werden aus der Politik und der Industrie kommen müssen, um den CO₂-Ausstoss der Lebensmittelproduktion zu reduzieren. Trotzdem können wir als Eltern unseren Beitrag leisten. Zum einen, weil wir dadurch unseren persönlichen CO₂-Fussabdruck reduzieren. Zum anderen, weil jede unserer Kaufentscheidungen auch auf die Supermärkte und die Politik wirkt.
Doch wie genau sieht klimafreundliches Essen aus? Wer sich und seine Familie umweltbewusst und gesund ernähren will, steht vor vielen kleinen Fragen im Alltag. Kaufe ich die normale Gurke ohne Plastikverpackung oder die eingeschweisste Bio-Gurke? Sind weitgereiste Bananen ok? Wie viel Fleisch darf es sein? Wir räumen mit einigen Mythen auf und geben Tipps für eine klimafreundliche Ernährung.
Früchte aus Übersee
Viele Kinder lieben Bananen. Aber leider wachsen sie nicht bei uns vor der Haustür. Sollten wir also lieber auf Bananen verzichten? Tatsächlich ist es nicht so wichtig, wo Lebensmittel herkommen. Viel wichtiger ist, was wir essen (dazu später mehr). Denn anders als lange gedacht, macht der Transport nur einen kleinen Teil der CO₂-Emissionen aus. Das allerdings nur, wenn die Produkte per Schiff nach Europa kommen und nicht per Flugzeug. Die meisten Lebensmittel werden verschifft. So auch Bananen. Die können wir also ohne schlechtes Gewissen in den Einkaufskorb legen und den Kindern zum Zvieri servieren.
Früchte, die reif geerntet werden müssen, damit sie schmecken, werden dagegen meistens mit dem Flugzeug transportiert, dazu gehören Ananas, Mango oder Papaya. Diese süssen Früchte haben im Schnitt einen über 50-fach höheren CO₂-Fussabdruck als per Schiff transportierte Lebensmittel.
Saisonal ist die beste Wahl
Obwohl der Transport weniger ins Gewicht fällt als gedacht, lautet dennoch eine der einfachsten Regeln: saisonal und regional essen. Tomaten im Sommer haben einen fast zehnmal kleineren CO₂-Fussabdruck als Tomaten aus dem Gewächshaus. Dasselbe gilt für Erdbeeren. Regionales Obst und Gemüse verursacht so geringe Emissionen wie kein anderes Lebensmittel. Hier können Sie bei allen Produkten bedenkenlos zugreifen.
Schöner Nebeneffekt: Wer saisonal und regional einkauft, unterstützt dadurch Landwirte aus der Heimat. Gleichzeitig bekommt man gemeinsam mit den Kindern mit, was gerade auf den Feldern wächst.
Eltern sind besorgt, wenn ihr Kind ständig nach Süssem verlangt oder Gemüse verweigert. Gesund kann das nicht sein, und es ist bekannt, dass in unserer westlichen Welt Übergewicht und Essstörungen zunehmen. Was also können Eltern tun, um bei ihrem Kind ein gesundes Essverhalten zu fördern? Die kostenlose Broschüre «Mein Teller» liefert Antworten, die Eltern Druck nehmen.
Statt der gewohnten Ernährungspyramide setzt man hier auf das Tellermodell, um ausgewogene Mahlzeiten im Alltag zu veranschaulichen. Darüber hinaus wird thematisiert, was Eltern bei den Mahlzeiten bestimmen – und was die Kinder entscheiden dürfen.
Es gibt Tipps dazu, welches Verhalten von Eltern kontraproduktiv ist im Hinblick auf ein gesundes Essverhalten ihres Kindes und wie Eltern auch im hektischen Alltag genügend Gemüse auf den Tisch bringen.
Umgesetzt wurde «Mein Teller» von der Initiative Nestlé for Healthier Kids, in Zusammenarbeit mit Ernährungsberaterin Sue Schupp und der Schweizerischen Gesellschaft für Ernährung.
Mehr Infos, kostenlose Broschüre und weitere Materialien: ➺ nestle.ch/de/kids
Wie viel Fleisch ist ok?
Fleisch ist mit Abstand der grösste Klimakiller unter den Lebensmitteln. Die Viehzucht allein trägt jährlich rund 14,5 Prozent der vom Menschen verursachten Treibhausgasemissionen bei. Zum Vergleich: Alle Autos, Lastwagen, Flugzeuge und Schiffe der Welt verursachen zusammengerechnet 21 Prozent der CO₂-Emissionen. Betrachten wir den Anteil der weltweiten Fleischerzeugung an den Gesamtemissionen, die bei der Nahrungsmittelproduktion entstehen, wird es noch deutlicher: Fleisch macht knapp 60 Prozent aller ernährungsbezogener Emissionen aus. Die einzelnen Fleischsorten unterscheiden sich in ihrer Klimawirkung aber deutlich. Rindfleisch verursacht am meisten CO₂, gefolgt von Poulet und Schwein.
Eine vegane Ernährung gilt deswegen als besonders klimafreundlich. Aber wir müssen nicht alle komplett auf Fleisch verzichten. Weniger davon zu essen, macht bereits einen riesigen Unterschied. Tatsächlich können wir mit keiner anderen Essensentscheidung und keinem Essensverzicht einen so grossen Beitrag zum Klimaschutz leisten. Eine internationale Expertenkommission errechnete, wie viel Fleisch pro Kopf klimatisch und ökologisch vertretbar wäre: pro Woche 100 Gramm Rind-, Lamm-, oder Schweinefleisch und 200 Gramm Poulet. Für einen wöchentlichen Speiseplan hiesse das also etwa ein Burger pro Person und ein Brathähnchen für die ganze Familie. Mittlerweile gibt es zum Glück Fleischalternativen, die Kindern auch gut schmecken, wie Chicken-Nuggets auf Sojabasis oder Spaghetti Bolognese aus Linsen.
Mehr Margarine
Milch und Molkereiprodukte schneiden im Klima-Ranking leider ebenfalls eher schlecht ab. Zum einen stossen Kühe bei der Verdauung das hochwirksame Klimagas Methan aus (Methan ist in den ersten 20 Jahren in der Atmosphäre 80-mal klimaschädlicher als Kohlendioxid). Zum anderen benötigen Kühe viel Platz. Und Platz ist die alles entscheidende Grösse in der Klimarechnung unserer Ernährung.
Denn auf der Fläche, auf der Kühe für Fleisch- und Milchproduktion gehalten werden, könnte man mit Obst und Gemüse mehr Menschen satt machen. Ein Beispiel: Baut man auf 100 Quadratmetern Nutzland Kartoffeln an, kann man damit pro Jahr 450 000 Kalorien erzeugen. Hält man auf derselben Fläche Kühe, erhält man nur 27 500 Kalorien. Je mehr Milch die Menschen konsumieren, desto mehr Platz wird also benötigt.
Gut zu wissen ist, dass zum Beispiel in Butter richtig viel Milch drin steckt: Um 250 Gramm Butter herzustellen, braucht man etwas mehr als 5 Liter Milch. Auch Butter hat einen vergleichsweise hohen CO₂-Fussabdruck. Wer diese öfter mal durch Margarine ersetzt oder Milch durch Hafermilch, spart Kohlendioxid ein.
♦ Die Umweltschutzorganisation WWF listet übersichtlich auf, was an Früchten und Gemüsen saisonal ist: ➺ wwf.ch/de/fruechte-und-gemueseratgeber
♦ Too good to go, die Plattform gegen Lebensmittelverschwendung, hat 2022 das kostenlose E-Book «Remix» veröffentlicht mit Inspirationen für Resteverwertung: ➺ toogoodtogo.de
♦ Klimafreundliche Ernährung ist auch Thema im neuen Buch der beiden Studenten und «Spiegel»-Bestsellerautoren David Nelles und Christian Serrer «Machste dreckig – machste sauber: Die Klimalösung» (2021).
♦ Der Ende 2021 gestartete YouTubeKanal «Klima – Wandel Dich» von David Nelles und Christian Serrer in Zusammenarbeit mit Scientists for Future erklärt Klimawandel und Klimaschutzmassnahmen anschaulich und verständlich.
♦ Wissenschafts-Journalist Matt Reynolds von «Wired UK» zeigt in seinem Buch «The Future of Food» (2021) auf, wie klimafreundliche Ernährung bei wachsender Weltbevölkerung gelingen kann (auf Englisch).
Abfälle vermeiden
Zwischen 25 und 30 Prozent der erzeugten Lebensmittel gehen jährlich verloren. Sie verderben entweder auf dem Feld oder beim Transport, sind von Ungeziefer befallen oder werden aussortiert, weil sie nicht der Norm entsprechen. In Europa entsteht die Hälfte der Abfälle bei uns zu Hause oder im Restaurant.
Um Verschwendung von Lebensmitteln zu vermeiden, kann es helfen, einen Einkaufszettel sowie einen Essensplan für die ganze Woche zu schreiben. Dann kauft man nur das Nötigste ein. Mit der richtigen Lagerung kann man ebenfalls einige Abfälle vermeiden. Äpfel, Aprikosen, Pflaumen und Tomaten sollten separat aufbewahrt werden, da anderes Obst und Gemüse in der Nähe schneller reifen. Wenn wir und die Industrie es schaffen, Lebensmittelverluste zu vermeiden, könnten wir acht bis zehn Prozent der globalen Treibhausgasemissionen einsparen.
Bio kaufen trotz Plastik?
Wo wir gerade beim Thema Abfall sind: Wie sieht es eigentlich mit Plastikverpackungen aus? Vor allem Bio-Gemüse wird oft eingeschweisst in Plastik verkauft. Sollte ich also besser eine konventionelle Gurke ohne Plastikverpackung kaufen oder doch die eingeschweisste Bio-Gurke?
Laut dem Institut für Energie- und Umweltforschung Heidelberg macht es aus Klimasicht tatsächlich keinen Unterschied. Beide Gurken verursachen gleich viel CO₂. Hier kommen andere Überlegungen ins Spiel. Der Bio-Anbau gilt als besser für die Umwelt und die Artenvielfalt. Gleichzeitig sollten wir Müll vermeiden, wo es geht. Bio-Gurken ohne Verpackung wären also die beste Option. Wer nur die Wahl zwischen einer in Plastik verpackten Bio-Gurke und einer konventionellen Gurke ohne Plastik hat, kann zumindest mit Blick aufs Klima nichts falsch machen.
Katharina Wecker berichtet als freie Journalistin über die Klimakrise und gesellschaftspolitische Themen. Sowohl für deutsch- als auch englischsprachige Medien. Seit der Geburt ihres Sohnes schreibt sie gerne über Schwangerschaft und Elternschaft – am liebsten mit einem wissenschaftlichen Blick. Sie lebt mit Freund und Kind in Bern.