Wandern
Wandern mit Kids: die besten Tipps vom Profi
Rémy Kappeler ist Wanderexperte und Vater. Ein Gespräch über Touren, die Kinder nicht doof finden und die leidige Sache mit den Blasen.
In den Herbstferien planen viele Familien, wandern zu gehen. Nur finden Kinder das oft doof. Wie kann man sie am besten motivieren?
Tja, das ist die entscheidende Frage. Ich wähle meist eine Wanderung aus, die mich selbst begeistert und bei der ich richtig mit Herzblut dabei bin. Das färbt ab. Ausserdem ist es hilfreich, den Kindern im Vorfeld schon zu erzählen, welche Abenteuer sie auf der Wanderung erleben werden: Dass es dort eine Ruine gibt, eine Burg, eine Höhle... Höhlen finden Kinder immer super.
Wie lang darf so eine Wanderung mit Kindern sein? Was sollte man einplanen?
Ich plane immer die doppelte Zeit ein, die auf den Wegweisern steht! Erfahrungsgemäss sind diese Zeiten realistisch. Ansonsten würde ich sagen: Für Sechsjährige eine mit zwei Stunden angegebene, nach meiner Faustregel – inklusive Pausen, Spielen und Picknick – vierstündige Wanderung. Siebenbis Neunjährige: Fünf Stunden (zweieinhalb angegeben). Ab zehn Jahren gehen dann schon sechs Stunden. Das ist aber auch Erfahrungssache, je nach Kind. Besser ist es auf alle Fälle, eine kürzere Wanderung zu planen, als dass man nachher gestresst ist. Gestresste Eltern sind uncool.
Wie sieht es aus mit den Wanderschuhen für Kinder? Muss man die unbedingt neu kaufen oder geht auch Secondhand und Weitergeben?
Mit dem Weitergeben haben wir selbst gerade eine schlechte Erfahrung gemacht. Wir wollten meiner Tochter die Schuhe ihres grösseren Bruders weitervererben, die ein paar Jahre im Keller gestanden hatten. Die Sohlen sind nach einer Stunde dann völlig zerbröselt – was aber schon eher selten passiert. Wanderschuhe muss man in Bewegung halten. Schuhe im Laden neu zu kaufen, hat den unschätzbaren Vorteil fachgerechter Beratung. Die fällt bei Secondhand natürlich weg. Grundsätzlich finde ich aber schon, dass Wanderschuhe weitervererbt werden können.
,Wanderexperte. Rémy Kappeler.
Muss man Wanderschuhe wirklich einlaufen? Ich musste damit tatsächlich vor dem ersten Einsatz viele Runden im Wohnzimmer herumspazieren.
(lacht) Na, da gibt es wirklich interessantere Möglichkeiten: etwa einen grösseren Spaziergang in der Nähe des Zuhauses. Aber generell ist es gut, die Schuhe einzulaufen.
Und wie beugt man den gefürchteten Blasen vor?
Das ist ein leidiges Thema, Blasen. Ganz wichtig ist, dass nichts auf der Haut reibt. Schuhe und Strümpfe gut passen. Ist beispielsweise der Strumpf zu gross, gibt es Rümpfe und wahrscheinlich eine Blase. Ich habe mit der einfachen Lösung gute Erfahrungen gemacht, einen Damenseidenstrumpf anzuziehen und erst darüber die Wandersocke. Dann findet die Reibung zwischen Strumpf und Socke statt und nicht auf der Haut. Gegen Scheuerstellen benutze ich Tapeband oder Blasenpflaster. Kinder sollte man schon nach einer halben Stunde fragen: Sitzt dein Schuh richtig, drückt es irgendwo ? Dann kann man rechtzeitig eingreifen und zum Beispiel die Schnürung des Schuhs anpassen.
Braucht man – ausser den Wanderschuhen– noch andere spezielle Ausrüstung, etwa eine Wanderhose?
Regen- und Sonnenschutz sind wichtig. Eine Wanderhose hat den Vorteil, dass sie beispielsweise nach einer Wasserschlacht an einem Bach oder einem Regenguss nach einer halben Stunde wieder trocken ist. Eine Jeans bleibt nass.
Wie sieht es aus mit den pädagogischen Grundsätzen: Müssen Kinder ihren Rucksack selbst tragen?
Ach, diese Grundsätze. Es geht doch darum, gemeinsam eine gute Zeit zu haben. Meine Kinder bekommen meist ihr Picknick in den Rucksack, das sie dann manchmal schon weit vor dem Mittag aufgegessen haben. Aber ich stopfe auch ihre Sachen in meinen Rucksack, wenn sie keine Lust aufs Tragen haben.
Dein Familienwandertipp für den Herbst?
Das liegt natürlich am Wohnort, niemand fährt für eine kurze Wanderung quer durch die Schweiz. Aber ganz toll ist es für Familien im Jura: Da gibt es so viele Höhlen. Etwa der Wanderweg im Val de Travers. Eine halbe Stunde vom Ortskern von Môtiers. Hoch zum Wasserfall Cascade de Môtiers, dann den Rousseau-Stein ansehen und anschliessend mit Taschenlampe in die Höhle, die dahinter liegt. Das ist ungefährlich, aber mega spannend. Macht man am Ende der Höhle die Taschenlampe aus, ist es stockdunkel. Spätestens nach diesem Abenteuer hat man die Kinder ...
Rémy Kappeler,50, Redaktionsleiter der Zeitschrift «DAS WANDERN» und Autor von «Wanderpapa: Familiengeschichten vom Wanderweg».