Bald ist es Zeit für den Winterschlaf – doch nicht alle Igel finden rechtzeitig einen Unterschlupf. Wir haben auf der Igelstation nachgefragt, wie man helfen kann.
Die Natur bereitet sich Ende Oktober auf den Winter vor und wird langsam leiser. Auf der Igelstation in Zürich Oerlikon hingegen herrscht um diese Jahreszeit Hochbetrieb. Das Telefon klingelt nun öfter als sonst und an einem Spitzentag können auch mal 45 E-Mails eingehen. Denn besonders im Spätherbst finden viele Menschen beim Arbeiten und Aufräumen im Garten, abends beim Eindunkeln oder in der Scheiterbeige Igel. Viele sind besorgt, weil sie wissen, dass Igel jetzt eigentlich langsam Winterschlaf halten müssen, aber ihnen ist nicht klar, wann genau. Zudem fallen Jungtiere auf, die auch mal tagsüber auf Futtersuche sind. Alleine in der Stadt Zürich sind rund 900 Igel heimisch, und sie alle haben jetzt das gleiche Ziel: gut genährt und in Ruhe in ihren selbst gebauten Nestern zu überwintern.
In der Regel halten Igel von November bis März Winterschlaf, um die futterlose Zeit zu überbrücken. Männchen gehen sogar früher schlafen als Weibchen. Das hat damit zu tun, dass gewisse Weibchen noch im September Junge haben und diese zuerst säugen müssen, bevor sie sich um ihren eigenen Winterspeck kümmern.
Igelzentrum
Findet man einen kranken oder verletzten Igel auf der Strasse...
Igelzentrum
....sollte man ihn mit Handschuhen vorsichtig aufheben...
In Absprache mit einer Igelstation dürfen Igel gefüttert werden.
500 Gramm Winterspeck
Dass das alles nicht ganz so einfach ist, weiss Igelexperte Simon Steinemann. Er erklärt, dass ein gesunder Jungigel ein Mindestgewicht von 500 Gramm haben muss, damit er in den Winterschlaf gehen kann. Bleibt das Wetter bis in den November hinein mild und sonnig, finden sie noch genügend Nahrung, etwa Käfer, Würmer oder Schnecken. Gerade für im September geborene Kleintiere kann das ein grosser Vorteil sein. Das Team im Igelzentrum animiert darum die Anrufer, mutig zu sein. Nicht jeder Jungigel muss in die Igelstation, sondern nur Tiere, die krank oder verletzt sind. Sonst lässt man die Kleinen lieber noch ein Weilchen im Garten. Liegen die Temperaturen hingegen länger unter vier Grad, finden sie keine Nahrung mehr und schaffen es nicht, sich genügend Winterspeck anzufressen. «Wenn der Igel verletzt, verwundet oder sehr mager ist oder ein Jungigel bei Wintereinbruch unter 500 Gramm wiegt, sollte man das Igelzentrum kontaktieren», sagt Simon Steinemann.
Die Mitarbeiter des Igelzentrums fordern die Igelretter dann als erstes auf, das Tierchen zu Hause zu wiegen und auf Verletzungen sowie fehlende Beinchen oder Bisswunden zu untersuchen. So können sie seinen Zustand besser einschätzen. Sie raten, den Igel mit Gartenhandschuhen anzufassen und auf einer Küchenwaage zu wägen.
Igelzentrum
....und ihn wägen und auf Verletzungen untersuchen.
Titus Meier
Am liebsten im Garten: Farbmarkierung helfen bei der Unterscheidung der Jungtiere.
Igel sind keine Haustiere
Ist es Draussen schon bitterkalt und der Igel deutlich unter 500 Gramm schwer, darf man ihn nach Absprache mit dem Igelzentrum eine Zeit lang draussen füttern, mit Katzen-Nassfutter. Auf die Igel ist Verlass: Sobald sie zwei Mal um die gleiche Uhrzeit ihr Fressen bekommen haben, stehen sie am dritten Tag pünktlich auf der Matte. So kann man sie auch von Zeit zu Zeit wägen, um zu schauen, ob sie auch schön zunehmen. Aber Igel sind keine Haustiere. Sie sollten auf keinen Fall ins Haus genommen oder im Keller einquartiert werden. Leider werden viel mehr Igel gefüttert, als man annimmt, sagt Steinemann. Wenn dann der erste Schnee liegt und der Igel immer noch auftaucht, dämmert es einigen, dass die Fütterung doch nicht eine so gute Idee war.
Falls man aus Versehen einen Igel abdeckt, der bereits im Winterschlaf ist, sollte man ihn einfach wieder zudecken. Visuell nehme man nicht wahr, dass er atme. Aber so lange er zusammengekugelt sei, sei alles in Ordnung, sagt Steinemann. «Ein Igel ist bereit für den Winterschlaf, wenn er – von oben betrachtet – ovalrundlich aussieht. Also wie eine Mischung eines Pfünders und eines St. Gallerbrots.»