Dafür & Dagegen
Müssen Fünfjährige schwimmen können?
Von Katja Fischer De Santi und Maja Zivadinovic
Die Söhne unsere Autorin Katja wurden so lange in die Schwimmschule geschickt, bis sie eine Länge frei schwimmen konnten. Der Sohn unserer Kolumnistin Maja hat auch Spass im Wasser - mit Flügeli.
Wasser ist mein Element – ich habe nie verstanden, dass mein Sternzeichen, Wassermann, ein Luftzeichen ist, aber ich schweife ab. Ich bin nah am Wasser aufgewachsen, meine Kinder wachsen an See und Bach auf. Auf jedem zweiten Babyfoto von ihnen ist irgendwas mit Wasser drauf. Wasserscheue Kinder wären der Komplettausfall für mich gewesen. Dem galt es, so früh wie möglich entgegenzuwirken. Ok, das mit der Wassergeburt hat leider nicht funktioniert. Aber der Babyschwimmkurs war schneller gebucht, als der erste Babybrei püriert war. Hingeschickt habe ich meinen Mann. Mutter muss ja nicht alles selbst machen. Und bei chlorigen Hallenbädern hört meine Wasserliebe ziemlich schnell auf. Er hat es sehr tapfer durchgestanden und wir lachen noch heute über seine Erzählungen von den «selbstschwimmenden» Babys.
Der erste Schritt für kleine Wasserratten war damit gemacht. Nur kam da schnell das nächste Problem auf. Kinder, die Wasser lieben, neigen dazu, in jede Pfütze zu springen – auch wenn diese «Pfütze» so gross und tief ist wie der Bodensee. Schwimmen zu können, ist bei uns eine Überlebenskompetenz und kein «nice to have». Zudem wollte ich in der Badi auch mal wieder eine ruhige Minute haben. Und Flügeli vertragen es nicht so gut, wenn man damit vom Drei-Meter-Brett springt. Also begann Mission Schwimmkurs: Ich weiss nicht mehr, wie viele Nachmittage ich aus dem Café des Hallenbads gearbeitet habe, während meine Söhne bei einer Schwimmlehrerin mit dem rauen Charme einer russischen Profisportlerin ihre Abzeichen holten. Die Abmachung war klar: Eine Länge frei schwimmen können. Ja, nennt mich ruhig Tiger-Mum. Klavierspielen, 1×1-Rechnen, sehe ich alles sehr entspannt, rettet auch kein Leben.
hat das Wasser-Gen nur an einen ihrer beiden Söhne vollständig weitergegeben. Der andere hält sich aber zumindest gut über Wasser und mag Boote.
Meine Nichte war ein paar Monate alt, als sich mein Schwager mit ihr ins Babyschwimmen wagte. Zweimal war er da. Dann nie wieder. Zum einen, weil ihn die Mütter nicht sehr willkommen hiessen, zum anderen fand er es saustreng. Später wurde ich selber Mama – und buchte eine Probelektion. Mein Sohn, damals im Hochzieh-Alter, tat alles, was er nicht sollte. Rumrutschen, trockene Kleider und sich selbst auf den nassen Boden schmeissen – ich hatte Schweissausbrüche. Die gefühlten 30 Grad in der Garderobe halfen nicht. Im Wasser sollte er dann auch noch tun, was eine Fremde von ihm verlangte. Eine Mission Impossible. Während er also fröhlich rumjapste, dabei enorm laut war und nichts befolgte, was er sollte, zog ich die Blicke auf uns. Nach der Lektion wusste ich nicht, wohin mit dem Kind, während ich meine Haare föhnte. Nass lassen war keine Option. Draussen war es minus 5 Grad. Während ich also föhnte, machte der Bub Seich. Oder rutschte aus. Oder schrie. Ich schloss einen Pakt mit mir selbst: Bevor unser Kind nicht aus eigenem Willen schwimmen lernen will, forciere ich gar nichts. Im August kommt er in den Kindergarten.
Schwimmen kann er nicht. Sollten wir jetzt panisch sein? Nun, wir sind es nicht. Ich selbst kann im Alter von 43 Jahren nicht kraulen, meine Mutter lernte erst nach 20 Jahren schwimmen und mein Sohn lernt den Umgang mit und das Spass-Haben im Wasser, dank Flügeli unbeschwert und ohne erhobene Zeigefinger und Anweisungen. Ich bin sicher: Er wird null Nachteile gegenüber Kindern haben, die von mir aus den Chöpfler schon ohne Flügeli können. Wir predigen doch immer, jedes Kind hat sein eigenes Tempo. Ein gutes Credo, finde ich. Übrigens: Die Nichte ist heute 9 Jahre alt. Sie schwimmt allen davon! Manchmal sogar ihrer Schwimmlehrerin.
ist eine Wasserratte wie ihr vierjährger Sohn. Sie glaubt daran, dass er auch ohne Schwimmkurse und die einhergehenden Nervenzusammenbrüche gut schwimmen und tauchen lernen wird.