Familienplanung / Verhütung
Nicht schon wieder schwanger
Von Anita Zulauf
Innerhalb eines Jahres zweimal schwanger? Das geht. Fachleute raten jedoch davon ab. Wie aber verhütet man nach einer Geburt? Und ist Stillen allein Verhütung genug?
Eben erst ein Kind geboren und schon wieder schwanger? Das dürften sich viele Frauen wohl nicht wünschen. Zudem raten auch Fachleute von einer allzu frühen Schwangerschaft ab. Denn der Körper soll sich erst mal erholen können von den Strapazen, die eine Schwangerschaft und eine Geburt mit sich bringen. Minimal sechs Monate Wartezeit machen nach einer vaginalen Geburt Sinn, nach einem Kaiserschnitt wird gar zu zwölf Monaten Pause geraten. Studien haben zudem ergeben, dass das Risiko einer Frühgeburt steigt, wenn die Mutter innerhalb eines Jahres wieder schwanger geworden ist.
Doch wie verhütet man am besten nach einer Geburt? Ist das Stillen an sich schon die beste Methode? Nicht unbedingt, sagen Fachleute. Zwar bekommen die meisten Frauen die Regelblutung erst nach dem Abstillen wieder. Tritt sie jedoch schon während dem Stillen wieder ein, ist eine erneute Schwangerschaft möglich. Will man also sicher gehen, ist auch während des Stillens Verhütung empfehlenswert. Natürliche Methoden jedoch wie Schleimbeobachtung, Temperaturmessmethode oder die Bestimmung der fruchtbaren und unfruchtbaren Tage mit einem Zyklus-Computer sind in der Stillzeit gänzlich ungeeignet. Grund: Die Körpertemperatur bleibt immer gleich hoch und die Menstruation bleibt meist aus. Auch die Kalendermethode bietet wenig bis keine Zuverlässigkeit. Die nicht hormonellen Methoden sind auf jeden Fall nicht so zuverlässig wie hormonelle. Doch auf hormoneller Basis können nur Methoden verwendet werden, die ausschliesslich Gestagen (Gelbkörperhormon) beinhalten, weil Gestagen nur in geringen Mengen in die Muttermilch übergeht. Nach heutigem Wissensstand besteht hier für den Säugling kein Gesundheitsrisiko.
Will man also eine frühe Schwangerschaft verhindern, stellt sich die Frage nach der Verhütung, und wie weit die Familienplanung bereits fortgeschritten ist. Die Palette ist breit, reicht vom Präservativ bis zur Vasektomie und Sterilisation. Wir zeigen die Möglichkeiten auf – und die Vor- und Nachteile.
Pearl-Index
Der Pearl-Index ist die Zahl der ungewollten Schwangerschaften von 100 Frauen in einem Jahr. Je tiefer der Pearl-Index, desto höher die Zuverlässigkeit, vor einer Schwangerschaft geschützt zu sein. Wichtig: Die tiefere Zahl der erwähnten Pearl-Index-Zahlen zeigt die Zuverlässigkeit bei der exakten und vorschriftsmässigen Anwendung des Verhütungsmittels. Die jeweils höhere Zahl gilt bei unsachgemässer oder unvorsichtiger Anwendung.
Kondom/Femidom
Methode: Mechanisch.
Zuverlässigkeit: Mittel/unsicher (Pearl-Index 0.9-14).
Vorteile: Schutz vor Geschlechtskrankheiten; im Bedarfsfall anwendbar; hormonfrei.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen:
Vorbereitung unmittelbar vor dem Geschlechtsverkehr, mögliche negative Beeinflussung des sexuellen Erlebnisses.
Während der Stillzeit anwendbar: Ja.
Diaphragma
Methode: Mechanisch.
Zuverlässigkeit: Unsicher (2-18).
Vorteile: Im Bedarfsfall anwendbar; hormonfrei; der weibliche Zyklus wird
nicht beeinflusst.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen:
Kann sexuelle Spontanität beeinträchtigen, bei mehrmaligem Verkehr erneut Spermizidgel einführen, das Spermizid kann Reizungen verursachen. Entfernung frühestens sechs Stunden nach dem Verkehr.
Während der Stillzeit anwendbar: Ja.
Verhütungskappe
Methode: Mechanisch.
Zuverlässigkeit: Unsicher (2-18).
Vorteile: Geringe chemische, keine hormonelle Belastung.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Passende Grösse schwierig zu finden,
Entfernung frühestens sechs Stunden nach dem Verkehr.
Während der Stillzeit anwendbar: Ja.
Kupferspirale
Methode: Mechanisch und chemisch.
Zuverlässigkeit: Hoch (0.2-1).
Vorteile: Langzeitverhütung je nach Modell für über 10 Jahre; ohne Hormone; kein Wirkungsverlust durch Erbrechen/Durchfall.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Verstärkte Monatsblutungen, Zwischenblutungen.
Während der Stillzeit anwendbar? Ja.
Scheidenzäpfchen, Schäume, Schwämmchen, Vaginaltabletten
Methode: Chemisch.
Zuverlässigkeit: Unsicher (9-18).
Vorteile: Keine dauerhafte chemische oder hormonelle Belastung; nur bei Bedarf einsetzbar.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Muss zehn Minuten vor Eindringen des
Penis in die Scheide eingeführt werden, Wirkung hält eine Stunde, starke Hitze- und «Duft»-Entwicklung.
Während der Stillzeit anwendbar: Ja.
Temperaturmethode
Methode: Natürlich.
Zuverlässigkeit: Mittel (1-5).
Vorteile: Natürliche Familienplanung; keine mechanische, chemische oder hormonelle Einwirkung auf Körper.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Verlangt Disziplin, morgendliche
Temperaturmessungen und Scheidensekret müssen protokolliert werden, verlangt 14-tägige sexuelle Abstinenz oder Barrieremethoden wie z. B. Kondome.
Während der Stillzeit anwendbar? Ja, jedoch nicht empfehlenswert (siehe Haupttext).
Symptothermale Methode
Methode: Natürlich.
Zuverlässigkeit: Niedrig (15-25).
Vorteile: Weder hormonelle noch mechanische Eingriffe; keine Nebenwirkungen;
kann zur Empfängnisverhütung oder zur Ovulationskontrolle bei Kinderwunsch eingesetzt werden; gut für Frauen, die ihren Körper kennen und bereit sind, ihren Lebensrhythmus anzupassen und eine mögliche Schwangerschaft in Kauf nehmen.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Anleitung ist notwendig, erfordert
Disziplin, der Schleim muss immer am selben Punkt entnommen werden, während
der fruchtbaren Tage Barrieremethoden wie z. B. Kondome verwenden.
Während der Stillzeit anwendbar? Ja, jedoch nicht empfehlenswert.
Verhütungscomputer
Methode: Elektronisch.
Zuverlässigkeit: Hoch (0.8-3).
Vorteile: Keine Nebenwirkungen; je nach Gerät kann es sowohl zur Empfängnisverhütung wie auch bei Kinderwunsch eingesetzt werden.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Sehr regelmässige Messungen erforderlich, alternative Verhütung an den fruchtbaren Tagen nötig, Antibiotika
können Messwerte vorübergehend verfälschen, nach Einnehmen einer «Pille danach» muss mindestens drei Monate mit der Anwendung des Computers abgewartet werden, schwierig bei unregelmässigen Zyklen.
Während der Stillzeit anwendbar? Ja, jedoch nicht empfehlenswert.
Hormonspirale
Methode: Hormonell, Gestagene.
Zuverlässgikeit: Sehr hoch (0.1-0.2).
Vorteile: Bei Östrogenunverträglichkeit; Langzeitverhütung bis zu 3 oder 5 Jahren; kein Wirkungsverlust durch Durchfall/Erbrechen.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Vaginale Infektion, Kopfschmerzen,
Unterbauchschmerzen nach Einlage in den ersten drei Monaten, Akne, Brustspannen, gutartige Ovarialzysten, Zwischenblutungen.
Während der Stillzeit anwendbar? Ja.
Pille
Methode: Hormonell, Östrogene/Gestagene.
Zuverlässigkeit: Hoch (0.1-2).
Vorteile: Zyklus/Menstruation kann verschoben werden.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Risiko von arteriellen und venösen
Thrombosen, emotionale Labilität, Depressionen, Libidoverlust, Migräne, Kopfschmerzen.
Während Stillzeit anwendbar: Nein.
Gestagen-Pille
Methode: Hormonell, Gestagene.
Zuverlässigkeit: Hoch (0.5-4).
Vorteile: Anwendbar bei Östrogenunverträglichkeit.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Risiko von arteriellen und venösen
Thrombosen, emotionale Labilität,Depressionen, Libidoverlust, Migräne,
Kopfschmerzen.
Während der Stillzeit anwendbar: Ja.
Hormonimplantat
Methode: Hormonell, Gestagene.
Zuverlässigkeit: Sehr hoch (0.1-0.3).
Vorteile: Bei Östrogenunverträglichkeit; Langzeitverhütung bis 3 Jahre; kein
Wirkungsverlust durch Erbrechen/Durchfall.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Vaginale Entzündung, depressive
Verstimmung, Kopfschmerzen, Nervosität, Akne, Brustspannen, unregelmässige
Blutungen.
Während der Stillzeit anwendbar: Ja.
Hormonspritze
Methode: Hormonell, Gestagene.
Zuverlässigkeit: Sehr hoch (0.1-1).
Vorteile: Verhütung für 3 Monate; kein Wirkungsverlust durch Erbrechen/Durchfall.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Spritze durch Gynäkologen, möglichst
nicht länger als 2 Jahre anzuwenden, Verringerung der Knochenmineraldichte,
unregelmässige Blutungen, Brustspannen, Depressionen, Akne, Kopfschmerzen, Nervosität.
Während der Stillzeit anwendbar: Ja.
Vaginalring
Methode: Hormonell, Östrogene/Gestagene.
Zuverlässigkeit: Hoch (0.6-1.2).
Vorteile: Durchgehende Einlage für 3 Wochen; kein Wirkungsverlust durch
Erbrechen/Durchfall; regelmässiger Zyklus; Menstruation kann verschoben
werden.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Ausstossung des Rings oder Fremdkörpergefühl möglich, erhöhtes Risiko von arteriellen und venösen Thrombosen, Gewichtszunahme, vaginale Entzündung, Depressionen, verringerte
Libido, Kopfschmerzen, Akne, Übelkeit,gesteigerter Scheidenausfluss.
Während der Stillzeit anwendbar: Nein.
Hormonpflaster
Methode: Hormonell, Östrogene/Gestagene.
Zuverlässigkeit: Hoch (0.6-1.3).
Vorteile: Wechsel alle sieben Tage; kein Wirkungsverlust durch Erbrechen/Durchfall; regelmässiger Zyklus; die Menstruation kann verschoben werden.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Haftung des Pflasters überprüfen, erhöhtes Risiko von arteriellen und venösen Thrombosen, allergische Reaktionen,
emotionale Labilität, Brustbeschwerden, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen, Akne, Übelkeit.
Während der Stillzeit anwendbar: Nein.
Sterilisation Frau
Methode: Operativ.
Zuverlässigkeit: Sehr hoch (0.1-0.8).
Vorteile: Entlastung durch Wegfallen von Verhütung; keinen Einfluss auf
Hormonproduktion und Menstruation; keinen Einfluss auf Lustempfinden.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Teil- oder Vollnarkose; Komplikationen
wie Blutungen, Verletzungen innerer Organe oder Entzündungen eher selten; im Allgemeinen nicht reversibel, daher psychische Probleme möglich; mögliche
unzureichende Ausreifung der Eier, mögliche unzureichende Produktion von
Sexualhormonen, daher vorzeitige Menopause möglich; erhöhtes Risiko auf
Knochenschwund (Osteoporose).
Während der Stillzeit durchführbar: Grundsätzlich ja.
Vasektomie Mann
Methode: Operativ.
Zuverlässigkeit: sehr hoch (0.1-0.7).
Vorteile: Einfacher chirurgischer Eingriff, selten Komplikationen. Kann in den meisten Fällen rückgängig gemacht werden; Entlastung einer befürchteten,
ungewollten Vaterschaft.
Nachteile, häufigste Nebenwirkungen: Trotz Möglichkeit der Reversibilität
Erfolgschancen auf Schwangerschaft deutlich geringer; mögliche Wundheilungsstörungen, Blutergüsse und Nachblutungen, Schwellungen am Hodensack
und Verwachsungen, selten Post-Vasektomie-Schmerzsyndrom (langanhaltende
und chronische Schmerzen im operierten Bereich) im einstelligen
Prozentbereich, psychische Probleme.