Spielwaren sollen Spass machen, pädagogisch wertvoll sein und die Geschicklichkeit und motorische Fähigkeiten fördern. Doch während der Zweijährige mit dem neuen Lastwagen durchs Wohnzimmer kurvt, drängt sich die Frage auf, was wohl hinter der farbigen Fassade steckt. Sind Lacke und Klebstoffe frei von Schadstoffen? Wer hat sie zu welchen Bedingungen zusammengebaut? Wie lange wird das Spielzeug spannend bleiben?
Immer mehr Eltern wollen wissen, ob Spielsachen nachhaltig und fair produziert sind. Die Rohstoffe sollen von nachwachsenden Materialien wie Holz oder Bambus stammen, die Transportwege kurz und die Entsorgung umweltschonend sein. Giftige Schadstoffe in Lacken und Farben haben nichts zu suchen im Kinderzimmer. Doch genau diese sind nach wie vor die grössten Gefahrenquellen in Spielzeugen. Insbesondere Phthalate können bereits in kleinen Konzentrationen sehr gefährlich sein, denn die Weichmacher sind hormonell wirksam und krebserregend.
Speziell gefährdet sind Babys und Kleinkinder, die ihre Spielsachen oft in den Mund nehmen. Auch scharfe Kanten und abbrechende Kleinteile sind aufgrund schlechter Verarbeitung immer wieder anzutreffen. Sandro Küng vom Schweizer Spielwarenverband sagt, die heutigen Massstäbe und Anforderungen an Spielwaren seien aber grundsätzlich sehr hoch. Während im Food-Bereich Bioläden und regionale Produktion längst zum guten Ton gehören, gestaltet sich die Suche nach fairen und nachhaltigen Spielsachen schwierig. Oft findet man in den meist endlos langen Regalen nur einzelne ökologische Marken. Nach wie vor wird mehr als drei Viertel in Fernost produziert.
Laut Sandro Küng setzt der Wunsch nach nachhaltigem Spielzeug allerdings eine relativ hohe Kaufkraft voraus. Diese ist in der Schweiz vorhanden. Deshalb sei bei den wichtigen Playern im Spielzeugmarkt eine Tendenz in die richtige Richtung spürbar. «Grosse Marken setzen sich in der Regel strenge Massstäbe. Zudem haben sie mehr zu verlieren als Produzenten von No-Name-Produkten.»
Kleine Marken sind Pioniere
Zurzeit sind es jedoch kleine Marken, lokale Boutiquen und Onlinestores, die Pionierarbeit auf dem Gebiet des nachhaltigen Spielzeugs leisten. Wie Simona Matamoro, die Gründerin von Purpleandgreen.ch, einem kleinen Onlinestore mit eigener Boutique aus Amriswil. «Oft landen Kunden per Suchmaschine bei mir im Webshop, wenn sie im Netz gezielt nach nachhaltigen Modeund Spielzeugmarken suchen oder einfach stöbern», sagt die Unternehmerin. «Was viele überrascht, ist, dass diverse Marken ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis haben. Oft braucht es einfach ein bisschen Internet-Recherche.» Ein klares und einheitliches Nachhaltigkeitslabel für Spielwaren, das von den verwendeten Rohstoffen, über die Verarbeitung und Produktion bis hin zu sozialen Standards und Entsorgung alles klar definiert, existiert noch nicht.
Obwohl die europäische Norm für Sicherheit von Spielzeug EN71 diverse Mindestanforderungen für physikalische Eigenschaften und verschluckbare Einzelteile festgelegt hat, fällt immer wieder ein Grossteil der Produkte bei unabhängigen Tests durch.
Wer auf Nummer sicher gehen will, zieht Holzspielsachen grundsätzlich Plastikware vor. Diese sollten unbedingt aus einer nachhaltigen Forstwirtschaft mit FSCoder PEFC-Zertifizierung stammen. Die Kennzeichnung «spiel gut» bestätigt zudem, dass die Spielsachen durch ein externes Expertengremium für pädagogisch wertvoll befunden wurden und die Produktion umweltschonend ist. Auskunft darüber, welche Firmen Mindestlöhne und Sozialleistungen sowie das Verbot der Kinderarbeit einhalten, gibt der ICTI-Kodex der Spielwarenindustrie. Offenbar steht es damit aber nicht zum Besten, weshalb das Arbeiterhilfswerk Solidar Suisse dieses Jahr eine Petition für faire Arbeitsbedingungen in Fernost einreichte. Ferner steht das GS-Zeichen (geprüfte Sicherheit) oder die TÜV-Proof-Kennzeichnung dafür, dass zumindest die Mindestsicherheitsanforderungen eingehalten wurden. Da letztere Labels, genau wie das CE-Konformitätszeichen, aber von den Herstellern selbst angebracht werden und eine Kontrolle durch unabhängige Stellen oft fehlt, gibt es immer wieder Verstösse.
Dennoch: Mittlerweile bietet der Spielzeugmarkt viele Marken, die sich Kindern und der Umwelt zuliebe der Nachhaltigkeit verschrieben haben und trotzdem keine Kompromisse punkto Funktion und Design machen. Neben traditionellen Holzspielsachen wie den Trauffer-Tierchen aus dem Berner Oberland, dem deutschen Holz-Spezialisten Hape oder den Brio Eisenbahnen (alle produzieren ausschliesslich mit FSC-Hölzern), stechen beispielsweise die Schweizer Original-Laufräder von Like-a-bike hervor. Aus robustem, nachhaltigem Holz gebaut, rollen diese auch aus zweiter oder dritter Hand noch einwandfrei.
Lego aus Holz
Eine ökologische Alternative aus Holz, aber kompatibel mit dem Original von Lego, sind die Bauklötze der japanischen Marke Moku- Lock. Plastik mal anders bietet Green Toys, eine Marke aus den USA, die mit ihren komplett aus rezyklierten Milchflaschen hergestellten Produkten den Zeitgeist perfekt trifft. Genau wie Plantoys, deren Spielsachen aus dem Holz von ausgedienten Gummibäumen, die kein Latex mehr produzieren, kreiert werden.
Innovativ und ökologisch sind zudem die aus rezyklierbarem Karton produzierten bemalbaren Bastelspielsachen von Calafant, während die veganen Wachskreiden von Crayon Rocks oder die Navaro-Farben von Ökonorm für unbedenklichen Malspass sorgen. Ihrer Kreativität freien Lauf lassen könnenGross und Klein dank dem komplett biologisch abbaubaren Playmais. Aus Maisgriess hergestellt, lässt sich das deutsche Produkt mit Wasser verformen und zusammenkleben. Und Erholung nach anstrengendem Spiel bieten die Spielzelte von Deuz, die aus Biobaumwolle und nachhaltigem Holz gefertigt werden. Jede dieser Marken versucht, die Welt der Spielwaren etwas besser zu machen.