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Arbeitstätige Mütter
Berufslehre statt Sozialhilfe
Als alleinerziehende Mutter von drei Kindern war Müjde Kocayildiz auf Sozialhilfe angewiesen. Heute macht sie eine Lehre - dank ihrer Tochter.
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Arbeitstätige Mütter
Von Caren Battaglia
Als alleinerziehende Mutter von drei Kindern war Müjde Kocayildiz auf Sozialhilfe angewiesen. Heute macht sie eine Lehre - dank ihrer Tochter.
Müjde Kocayildiz (37), alleinerziehend, 3 Kinder (16, 12, 7), beginnt jetzt eine Lehre
«Ohne meine Kinder hätte ich nie geschafft, was ich erreicht habe. Niemals. Sie haben mir Mut gemacht und mich immer unterstützt. Vor allem meine Grosse. Ohne ihr ‹Mama, du kannst das›, hätte ich aufgegeben. Ich habe drei Kinder 16, 12, 7. Zwei grosse Mädchen, ein Bub. Bevor ich Mutter wurde, habe ich eine Verkaufslehre gemacht und danach nur ab und an im Service gearbeitet. Nach meiner Scheidung wurde alles schwierig. Ein Servicejob geht wegen der Arbeitszeiten mit Kindern nicht, Verkauf ist auch schlecht. Die Alimente reichten vorne und hinten nicht. Ich habe also Unterstützung bezogen und wurde immer unglücklicher. Diese Gefühle von ‹Ich kann gar nichts›, ‹Ich kann nicht mal auf eigenen Füssen stehen› haben mich total runtergezogen. Zum Glück bin ich dann zur Cantina Hermetschloo. Das ist ein Frauenwiedereingliederungsprojekt, bei dem ich stundenweise im Restaurant gejobbt habe. Dort kamen erstmals die Gedanken: Es muss doch möglich sein, dass ich mein Leben allein auf die Reihe kriege. Aber ohne meine älteste Tochter wäre der Gedanke folgenlos verflogen.
Als meine Tochter damals in der Sek. in der Berufsfindungsphase war, hat sie sich für Fachfrau Betreuung Kleinkinder interessiert (und auch entschieden). Da hab ich gedacht, dass der Beruf doch auch perfekt zu mir passen würde.
Und als bei uns in der Nachbarschaft eine Krippe aufgemacht hat, ist aus dem Interesse ein Ziel geworden: Eine Lehre als FaBe und dann in der Krippe arbeiten! Zugetraut habe ich es mir aber nicht wirklich. 3 Kinder, 100-Prozent-Job, Schule, Prüfungen – wie soll das gehen? ‹Das geht›, hat meine Grosse gesagt und mir kurzerhand einen riesigen Plan mit dem Computer ausgedruckt. ‹Da, Mama. Darauf tragen wir jetzt ein, wer wann was im Haushalt macht.› Und so haben wir es auch organisiert. Wann die Grosse Waschtag hat, wann ich putze, wann die Mittlere einkauft und was der Jüngste macht. Ein klarer Plan für uns alle. Zwischendurch kriege ich manchmal Angst vor meinem eigenen Mut oder ich sage zu meiner Tochter: ‹Ich bin die Mama, ich muss dafür sorgen, dass es euch gutgeht. Nicht andersrum.› Doch dann sagt sie: ‹Tust du ja. Aber helfen werden wir wohl dürfen, oder? Wir müssen zusammenhalten.› Sogar wenn ich das nur erzähle, kommen mir die Tränen. Ich habe so tolle Kinder! Sie finden den Gedanken cool, dass wir vier bald abends am Esstisch alle zusammen Ufzgi machen müssen. Ich bedanke mich oft bei meinen Kindern, denn ich habe ihnen viel zu verdanken. Ich profitiere auch bei der Arbeit von ihnen. Manchmal fragen nämlich die Krippen-Kolleginnen: ‹Du bist doch Mutter – was würdest du machen?› Im Sommer fängt die Grosse ihre Lehre im Hort an. Und ich fange meine Lehre in der Krippe an. Ich freue mich so auf die Zukunft.»
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