Elternkolumne
«Macht ihr schon Babys?»-Fragen nerven!
Echt jetzt! Kolumnistin Maja Zivadinovic ist frisch verliebt – und gestresst. Von all den «Übt ihr schon»-Fragen und «Ja nicht verhüten, gell!»-Aufforderungen.
Seit acht Monaten bin ich wahnsinnig verliebt. Das ist die gute News. Die schlechte: Ich wollte immer eine junge Mutter sein. Nur ergeben hat es sich leider nicht. Ich war mir aber stets sicher, dass ich sofort loslege, wenn der Richtige dann da ist. Besser gestern als heute.
Jetzt ist er also da. Und das Einzige, was ich will, ist in Ruhe frisch verliebt sein. Kein Problem, denkt man. Und irrt sich. Die Frage, die mir – notabene nicht nur von Menschen, die mir nahe stehen– ständig gestellt wird, ist: «Übt ihr?» Oder: «Macht ihr schon Babys?». Noch prekärer sind die aufgedrängten Tipps: «Drehs ihm einfach an, Männer muss man zu ihrem Glück zwingen.» Weiter gehts: «Ja nicht verhüten, hörst du. Und nach dem Sex dringend 20 Minuten Beine hochlagern.» Wissen Sie was? Das nervt!
Neulich bei der Jahreskontrolle bei der Frauenärztin will sie wissen, wie es in Sachen Kinderwunsch aussieht. Den habe ich. Den passenden Partner auch. Wir sind aber erst kurz zusammen und wollen uns einfach noch ein bisschen Zeit lassen, reisen, zusammenziehen, kennenlernen. Sie wolle mich nicht stressen, aber: «Denken Sie daran, mit 39 Jahren haben Sie nicht mehr alle Zeit der Welt.» Von hormonellen Verhütungsmitteln rät sie ab. Besser noch eine Weile Kondome nutzen, um den Zyklus nicht durcheinander zu bringen, bevor wir loslegen. Und Folsäure könne ich ja jetzt schon einnehmen.
Daheim angekommen fühle ich mich gezwungen, das Kinderthema sehr konkret besprechen zu müssen. Vom ursprünglichen Plan, mir den Nuvaring verschreiben zu lassen, ist nämlich nicht nur nichts geworden, nein, ich bin mit einer XL-Packung Folsäure nach Hause gekommen.
Ich habe das Glück, dass mein Freund wunderbar reagiert. Das mit den Kondomen finden wir zwar mühsam, aber zumutbar. Wir entscheiden uns, das Kinderthema eine Weile zur Seite zu legen und uns zuerst einmal aufs Zusammenziehen zu fokussieren. Was meine Mutter vor zehn Jahren noch als sehr erwachsen und vorbildlich gelobt hätte, findet sie heute suboptimal. Weil eben, «Kind, die Bio-Uhr tickt!»
Meine Freundinnen sind teilweise noch radikaler: «Maja, mach! Mit jedem Eisprung, den du nicht nutzt, vergeudest du wertvolle Chancen!» Eine andere ist sich sicher, dass ich es bereuen werde, erst so spät angefangen zu haben.
Oft kommt es mir so vor, als würde das Kinderthema nur mich etwas angehen. Mein Freund, ebenfalls Ende 30, wird mit Fragen zum Thema komplett verschont. Und das, obwohl die meisten seiner Freunde ebenfalls schon Väter sind. Finde ich löblich.
ZVG
Maja Zivadinovic (39) ist freischaffende Journalistin und Kolumnistin und lebt in Zürich.
Neulich sitze ich mit meiner Schwester an ihrem Küchentisch. Sie ist selber erst mit 40 zum ersten Mal Mutter geworden. Wir sprechen über das so leidige Thema, das zum einen die Panik in meinem Nacken weckt und mir zum anderen so aus dem Hals hängt.
Die grosse Schwester stellt mir eine grosse Tasse Schokolade mélange vors Gesicht. Sie lächelt und sagt in all der Ruhe, wie sie nur grosse Schwestern haben, folgenden Satz: «Schau Maja, du bist jetzt sowieso eine alte Mutter. Ob du jetzt mit 40 oder 41 gebärst, macht absolut keinen Unterschied.» Ausserdem seien die Mütter in ihrem Umfeld bei der zweiten Runde fast allesamt 42 Jahre oder noch älter gewesen. Ich lehne mich zurück, nippe an der Schoggi und fühle zum ersten Mal Erleichterung. Sie hat so Recht.
Es sind zwei verschiedene Lebensmodelle, ob man beim ersten Kind Anfang 20 oder 40 ist. Ob ich aber 40 oder 41 bin, wenn ich Mami werde, spielt weder für das Kind, für meinen Freund noch für mich eine elementare Rolle. Seit ich diesen Satz verinnerlichen konnte, klappt es auch wunderbar mit dem Allerwichtigsten, das es für eine potenzielle Schwangerschaft braucht: unbeschwert verliebt, glücklich und nicht verbissen sein.
Und die Folsäure, die ich einmal pro Woche einnehme, stört mich auch nicht. Im Gegenteil. Sie erinnert mich an diesen unglaublich tollen Mann an meiner Seite, der mit mir plant und sich dabei kein bisschen von meiner tickenden Bio-Uhr aus dem Takt bringen lässt.
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Die Journalistin Maja Zivadinovic hat noch eine Kolumne für «wir eltern» geschrieben, die auf Facebook rege geteilt und kommentiert wurde. Darin singt sie ein Loblied auf «Jugo-Eltern». Lesen Sie die Kolumne hier.