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Illustration: Svenja Plaas
Work-Life-Balance
Arbeit, Kinder, Altersarmut
Beim Streben nach der Work-Life-Balance vor allem an die Kleinkindphase zu denken, kann für Mütter fatale Folgen haben – zum Beispiel bei der Altersvorsorge. Denn am Ende der «work» bleibt noch ziemlich viel «life» übrig. Aber oft wenig Geld.
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Enza Cipolla (40)
Mitbegründerin und Rentenexpertin bei www.frauenvorsorge.ch
wir eltern: Kommen Kinder, reduzieren Frauen ihren Job oft auf ein Minimum und stellen sich damit karrieremässig selbst ein Bein. Zwei Drittel überschätzen – laut Untersuchung des Deutschen Institutes für Altersvorsorge – ihre Rentenansprüche. 21 Prozent davon um mehr als die Hälfte. Ein Drittel möchte sich mit dem Thema gar nicht beschäftigen. Sind Frauen naiv?
Enza Cipolla: Ein bisschen schon. Sie haben Berührungsängste, was das Finanzielle betrifft. Den Bereich «Geld» überlassen sie dem Partner. Das ist so ein geschlechtertypischer alter Zopf. Vielleicht spielt dabei eine Rolle, dass wir erst seit 40 Jahren wählen dürfen … Viele Schweizer Frauen machen sich erst ab 50 über ihre Altersvorsorge Gedanken. Aber dann ist es oftmals zu spät. Man muss sich am besten schon vor dem 30. Geburtstag darum kümmern und die Familienphase diesbezüglich planen.
Junge Mütter finden den Gedanken an die Rente offenbar nicht sexy. Ausserdem haben sie so viel anderes um die Ohren.
Das stimmt, der Gedanke ist unsexy. Finanzielle Unabhängigkeit dagegen ist sehr sexy. Und – Altersarmut ist leider weiblich.
Im Sinne der Work-Life-Balance wird die Arbeit halt zurückgeschraubt, wenn ein Baby kommt. Was soll schlimm daran sein?
Steigen Mütter temporär aus, fliessen in dieser Zeit keinerlei Beiträge in ihre 1. und 2. Säule. Das Geld für die Erziehungszeiten ist minimal. Steigt dann eine Mutter zu einem geringen Pensum wieder ein und verdient unter 20 880 Franken im Jahr, ist sie nicht pensionskassenpflichtig. Und in die 3. Säule zahlen Leute ohnehin erst bei einem besseren Verdienst ein … Laut deutscher Studien – und in der Schweiz dürfte es nicht viel anders aussehen – bekommen Frauen nur halb so viel Rente wie Männer.
Aber die sind ja auch noch da!
Vielleicht. Im Falle einer Scheidung, und das trifft immerhin 50 Prozent der Paare, wird die Pensionskasse zwar geteilt, aber nur die Beiträge, die während der Ehedauer angespart wurden. Um bis zum Alter von fast 90 Jahren abgesichert zu sein, bedarf es schon einer langen Ehe und eines gut verdienenden und versicherten Ehemannes. Waren die Partner gar nicht erst verheiratet, gibts in der Regel auch nichts von der Pensionskasse. Das sollten Paare am besten vor der Familiengründung regeln.
Wie etwa?
Beispielsweise so, dass der Partner die Altersversorgung der Frau mit übernimmt, falls sie ihr Arbeitspensum reduziert. Sonst ergeben sich ja weniger Probleme. 150 – 200 Franken im Monat anzusparen, bringt schon viel. Man kann die wirklich blöder ausgeben. Über Geld muss man in einer Partnerschaft offen reden, sonst gibt es unter Umständen ein böses Erwachen.
Mütter hätten dann zwar in den Jahren, in denen die Kinder klein sind, vielleicht eine prima Work-Life-Balance vorzuweisen, blieben dafür aber ihr weiteres Leben vom Mann abhängig oder wären von Altersarmut bedroht.
So ungefähr. Wer sein ganzes Leben durcharbeitet und in die 1. und 2. Säule einzahlt, nicht aber in die 3. Säule, kann später mit etwa 60 Prozent seines Arbeitseinkommens rechnen. Aber – reicht das? Mit 65 ist man heutzutage noch nicht alt. Vielleicht will man ja noch reisen und auch nicht unbedingt aus seiner schönen Wohnung ausziehen müssen …
Ihr Tipp?
Gerade junge Frauen und Mütter sollten häufiger mit ihren Zukunftsaussichten konfrontiert werden, statt immer nur mit Mode und Lifestyle. Denn es stimmt zwar, «Geld macht nicht glücklich», aber unglücklich macht es gewiss auch nicht …