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Psychologie/Partnerschaft

Anleitung zum Nichtstun

Mann mit Hemd und Krawatte schläft auf dem Sofa

Einfach mal faulenzen, abhängen, rumgammeln? Schön wär’s.

Sich einfach so aufs Sofa legen und in die Wolken gucken, ist angeblich total unproduktiv. Heutzutage muss man die Freizeit «aktiv gestalten». Am besten mit Sport. Kurz einmal um den Block gejoggt und schon ist man wieder fit, um die Wäscheberge in Angriff zu nehmen, die E-Mails zu checken, dem grippekranken Kind Tee einzuflössen und sich für das Meeting am nächsten Tag vorzubereiten. Faulenzen dagegen ist nicht richtige Erholung; faulenzen ist einfach nur – faulenzen. Für diejenigen, die Sport in keiner Weise mit Entspannung in Verbindung bringen, gibt es stattdessen: autogenes Training, Muskelentspannung nach Jacobson, Yoga, Massagen, Meditation. Hauptsache, die Erholungsphasen sind bewusst eingeplant und im Terminkalender festgehalten. Durchorganisiert wie alles andere an einem Arbeitstag.
Komisch nur, dass im «Freizeit-Monitor 2010», bei einer grossen Umfrage in Deutschland, 50 Prozent der Befragten angeben, sie würden in ihrer Freizeit vor allem das Faulenzen und Nichtstun geniessen. Immerhin 71 Prozent erklärten, dabei am liebsten «ihren Gedanken nachzugehen ». Ja doch! Faulenzen, ganz ohne Plan, ist die reinste Erholung.
Ausserdem heisst nichts tun ja nicht, nichts zu denken. Im Gegenteil braucht das Gehirn solche Faulenzer-Pausen, um die permanenten Eindrücke zu verarbeiten und kreative Ideen zu entwickeln. «Unser Gehirn arbeitet für uns, wenn wir rasten. Auch wenn wir das in einer Welt, in der uns Informationstechnologien rund um die Uhr am Arbeiten halten, vielleicht nicht wahrhaben wollen.» Das sagt die amerikanische Forscherin Lila Davachi. Sie hat in einer Studie festgestellt, dass Menschen, die nach dem Betrachten von Bildern eine Pause einlegten und kurz nichts taten, sich danach besser an die gezeigten Informationen erinnerten als die pausenlosen. Deshalb brauchen wir ja auch regelmässig Schlaf: Damit der tägliche Wust an Erlebtem, Gedachtem und Geredetem sortiert werden kann.

Die besten Ideen kommen einem oft, wenn man sich endlich mal in Ruhe lässt. Nicht umsonst hat Isaac Newton das Prinzip der Schwerkraft entdeckt, als er faul unter einem Apfelbaum lag. Der Zeitforscher Karlheinz A. Geissler hat die Pause als «Zeitsofa» bezeichnet: «Auf dieser temporären Liegestatt wird man daran erinnert, dass der Sinn allen Tuns darin besteht, nichts mehr tun zu müssen.» Die ganze Plackerei nur, um irgendwann endlich faulenzen zu dürfen? Vermutlich hat er recht. Eltern mit kleinen Kindern sollten sich besonders oft auf dieses Zeitsofa legen. Das geht nicht? Mit folgenden Tipps schon.


Gemeinsames Wettergucken

Faulenzen geht natürlich am besten, wenn man seine Ruhe hat. Aber wenn das nicht möglich ist, kann man die Kinder auch zum gemeinsamen Wettergucken animieren: sich ans Fenster setzen, beschreiben, was man sieht, den Gedanken nachgehen. So ist schon mancher Philosoph gross geworden.

Liegen lassen

Ungebügelte Wäsche läuft nicht weg, und überhaupt: Dann geht das Kind halt mal mit ungebügeltem T-Shirt in die Schule. Generell passiert wenig Dramatisches, wenn Hausarbeit öfter liegen gelassen wird.

Not-to-do-Liste schreiben

Muss man wirklich alles tun, was im Terminkalender steht? Mehr Zeit zum Nichtstun wird man nur kriegen, wenn man anderes nicht tut. Man könnte vielleicht viel mehr sein lassen, zum Beispiel:

  • Kein Drei-Gänge-Menü kochen: Wenn Besuch kommt, wird halt nur eine Käseplatte mit frischem Brot aufgetischt.
  • Fürs Schulfest keinen Kuchen backen (notfalls einen kaufen).
  • Nicht ins Kino gehen. Den Film kann man in einem Jahr auch im Fernsehen sehen.
  • Das angebotene Ehrenamt nicht annehmen.
  • Kein Haustier anschaffen.

Singen

Zugegeben: Singen ist noch nicht faulenzen. Aber es ist ein möglicher Weg dahin. Auf jeden Fall entspannt es Muskeln und Nerven. Und die Kinder werden irritiert bis begeistert zuhören.

Schlafen

In bestimmten Familienphasen gibt es nichts Wichtigeres, als zu schlafen, wann immer man dazu kommt. Wenn das Baby schläft: sich sofort selbst hinlegen. Wenn Oma mit ihm spazieren geht: Nickerchen einlegen. Schlafen ist die beste Art zu faulenzen und sich zu erholen. Lassen Sie sich nichts anderes einreden.

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