Wenn es um Kinderbetreuung geht, insbesondere durch Väter, ist oft von «Quality Time» die Rede. Also von der Zeit zwischen Znacht und Ab-ins-Bett, wo Papi sich mit ungeteilter Aufmerksamkeit seinen Kindern widmet, ganz einfach weil er sonst nie zu Hause ist. Als wäre es erwiesen, dass eine Stunde konzentrierte väterliche Zuwendung acht Stunden mütterlicher Präsenz entsprechen.
Natürlich ist es besser, Arbeit und Familie zu trennen. Das ist in meinem Fall etwa die halbe Woche gewährleistet, wenn die Kinder bei ihrer Mutter sind. Wenn sie sich aber unter meiner Aufsicht befinden, ist eine klare Trennlinie zwischen Arbeit und Kindern nicht mehr realistisch.
Denn ich arbeite zu Hause. Ohne feste Arbeitszeiten. Permanente Zuwendung brauchen meine 10- und 12-jährigen Mädchen nicht mehr; so wie ich selbstständig erwerbend bin, können sie sich schon sehr selbstständig beschäftigen. Natürlich haben meine zwei Mädels an den Papitagen Priorität.
Im Gegensatz zu mir, der ich im Kinderzimmer zuweilen unerwünscht bin, ist der Zutritt in mein Büro für sie niederschwellig und ohne vorherige Anmeldung möglich. Ich muss jederzeit damit rechnen, dass die Tür aufgeht und sich eine Sekunde später, mitten im Satz, den ich gerade tippe, sich die eine auf meinen Schoss setzt, während die andere irgendein Youtube-Video zu gucken fordert.
Solche Überfälle während der Arbeit – manchmal willkommene Ablenkung, oft nervende Störung – rechtfertigen sie jeweils altklug mit «Das isch ebe so wämmer Chind hät.» Recht haben sie. Die Work-Kid-Balance, die Vereinbarkeit von Arbeits- und Kinderzimmer bleibt eine tägliche Herausforderung.
Mit Quality Time ist es ist wie mit den CO2-Kompensationen– sie ist vor allem gut fürs Gewissen. Für mich bedeutet Vaterschaft aber Alltag, nicht Quality Time – die sowieso keiner Quantitätskontrolle standhält. Quality Time sollte Teil der Quantity Time sein, nicht Ersatz dafür. Denn für Kinder ist die Präsenz des Vaters wie Süssigkeiten: Viel ist gut.
Egal, ob sie nun Säuglinge oder halbwüchsig sind, egal ob der Vater verheiratet ist oder getrennt lebt. So wie Ersatzfussballer nur Ersatzfussballer sind, sind Wochenendväter eben nur Wochenendväter. Denn die Zeit mit deinen Kleinen kannst du nicht nachholen. Auch nicht im Ruhestand. Die Kinder, die du dann hütest, sind leider deine Enkel.