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Prinzessinnen kämpfen nicht!
Von Bloggerin Nathalie Sassine-Hauptmann
Ja klar, werden jetzt viele denken (inklusive mir), wir sind schliesslich nicht im 18. Jahrhundert!
Zur Aufklärung: Falls ihr es noch nicht gesehen habt, es geht um eine Lehrerin aus Bayern, welche es wagte (siehe Bild), dem Schüler anzumerken, Prinzessinnen kämpften in Märchen nicht. Sie küssen Frösche, schlafen ewig, putzen und lassen sich meist malträtieren, bis der heldenhafte, kämpferische Prinz sie eben rettet. Aber sie kämpfen nicht. Wo kämen wir denn da hin, wenn sich die Kleine selber retten würde? Dann bräuchte es ja keine Prinzen mehr! Oder sollen die Männer etwa pennen und putzen? Eben.
Natürlich bin ich mit der Twitter-Userin und Mutter «setzkasten» einer Meinung, dass die Bemerkung der Lehrerin falsch und nicht zeitgemäss ist. Man denke da nur an Mulan, Merida, Vaiana und wie die Disney-Prinzessinnen alles heissen! Die retten sich ja auch alle meist selber (wo die Jungs bleiben, habe ich mich kürzlich gefragt, aber das ist ein anderes Thema).
Dennoch habe ich auch Einwände. Und zwar folgende:
Die Vorgehensweise: Müssen wir Eltern Lehrer denn auf Twitter anprangern, wenn sie einfach ihren Job machen? Kann man nicht – wie in den guten alten Offline-Zeiten – das Gespräch suchen? Auch um zu erfahren, was die Lehrerin da geritten hat? Oder sind wir als Eltern ebenfalls schon so weit, die Lehrer zu «trollen», schliesslich ist es anonym – wie in der Waschküche – eben einfacher?
Die Vorgeschichte: Was genau war der Auftrag? Ging es darum, ein bestehendes Märchen nachzuerzählen? Ein klassisches Märchen neu zu erfinden? In klassischen Märchen kämpfen die Prinzessinnen nicht selber. Der Schüler ist da vielleicht weiter und wollte auf diese Gender-Problematik aufmerksam machen, hat aber die Aufgabe verfehlt? (Die Bemerkung der Lehrerin hätte in diesem Fall natürlich dennoch ein «Bravo!» enthalten müssen.)
Die Sachlage: Wir hätten den Aufsatz gerne gelesen, um uns ein Bild machen zu können. Den hat uns «Setzkasten» aber nicht zum Lesen zur Verfügung gestellt, schliesslich ist das die Arbeit ihres Kindes und die gehört nicht in die sozialen Medien. Einverstanden, aber das eine geht ohne das andere nun einmal nicht auf.
Es ist doch als Lehrer schon schwer genug! Wenn wir Eltern jetzt auch noch anfangen, sie auf Twitter und Facebook anzuprangern und lächerlich zu machen, hilft das unseren Kindern wirklich weiter? Sind wir da die richtigen Vorbilder? Ganz abgesehen davon, dass es doch schlicht ein wenig peinlich ist, nicht hinzustehen und mit der Lehrerin zu reden. Auch dem eigenen Kind gegenüber. Oder was meint ihr? Wie hättet ihr das gelöst?
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Nathalie Sassine-Hauptmann (1973) gehört zu den Müttern, die ihr schlechtes Gewissen wie ein Baby mit sich rumtragen. Dennoch würde sie ihren Beruf nie aufgeben. Mit ihrem Buch «Rabenmutter - die ganze Wahrheit über das Mutterwerden und Muttersein» spricht sie vielen berufstätigen Müttern aus der Seele. Denn als Unternehmerin weiss sie, dass ihre Kinder sie zwar glücklich machen, aber erst ihr Job ihr den Ausgleich garantiert, den sie braucht. Sie führt sowohl ihr Familienleben als auch ihre Firma mit viel Leidenschaft und macht sich in diesem Blog Gedanken zur Vereinbarkeit von beidem. Und sie hat keine Angst davor, sich eine Feministin zu schimpfen. Alle Blog-Beiträge von Nathalie Sassine-Hauptmann finden Sie hier.