
gettyimages.com
Lust&Frust
Lieber ein Quickie als gar kein Sex!
Alle reden von Slow Sex – aber seien wir mal ehrlich, wer hat denn dauernd so viel Zeit? Sexologin Ann-Marlene Henning empfiehlt darum Eltern mehr Sex zwischendurch.
Der Quickie ist auch Sex! Er ist vielleicht sogar eine Königsdisziplin, denn wer ihn beherrscht, kann in schwierigen, müden oder anderen unmöglichen Zeiten, immer noch gelungene sexuelle Begegnungen haben. Warum gerät der Quickie denn manchmal in den Verruf, nicht gut genug zu sein? War er früher mal notwendig, um nicht beim Koitus vom Säbelzahntiger überrascht zu werden, gilt ausgedehnter Sex heute als wertiger – weil mit Musse? Dazu sind Sex und Liebe eng verknüpft, da zählt doch die schnelle, geile Nummer nicht, wo bleiben dabei die Gefühle? Auch oft in meiner Praxis gehört: «Beim Quickie, geht es nur um seinen Höhepunkt. Da fühle ich mich so benutzt.» Puh!
Ja, so kann es sein, muss aber nicht. Frauen können beim Quickie auf ihre Kosten kommen, ob ohne Höhepunkt oder mit. Letzteres funktioniert wunderbar mit «Hand anlegen». Ja, und? Frauen kommen selten vom reinen Penetrieren. Es sollte hier nicht unerwähnt bleiben, dass dies nur bei etwa 10– 20 Prozent auf Anhieb gelingt. Beim «Handbetrieb» kommt es als Bonus obendrauf übrigens leichter zum sogenannten simultanen Orgasmus, den gleichzeitigen. Und nein, nicht nur Liebende haben Sex, noch ist dieser länger, weil Liebe im Spiel ist. Auch ist nichts Abwegiges dabei, gezielt einen Orgasmus zu wünschen. Danach ist das Einschlafen so wunderbar entspannt.

zvg
Ann-Marlene Henning (59) ist eine der bekanntesten Paar- und Sexualtherapeutinnen Europas. Ihr Aufklärungsbuch «Make Love» ist ein Bestseller, ihre TV-Dokumentationsreihe Kult. Für «wir eltern» schreibt sie exklusiv und immer mit einem Augenzwinkern über Lust und Frust im Bett.
Ich, als Sexologin, meine, dass die Frage lauten sollte: Wollen wir lieber einen Quickie oder gar keinen Sex? Nicht nur in schlaflosen und müden Zeiten, wie den Babyjahren, kann der Quickie den Sex retten, sondern eigentlich immer, wenn Sexflaute herrscht. Apropos Flaute: Gerade muss ich an ein Abendessen mit dem bekannten Therapeuten John Grey denken, der den Bestseller schrieb: «Männer sind vom Mars, Frauen von der Venus». In dem wunderbaren Kopenhagener Restaurant, wo wir assen, sprachen wir über Sex, wie könnte es anders sein, bei unserem Job? John erzählte, wie er den lustlosen Paaren eine ganz bestimmte Hausaufgabe mitgibt. Er nannte es «Das Food-Konzept» und erklärte mir: «Der Quickie ist Fastfood, die routinierte Nummer ist, wie gute Hausmannskost. Der stundenlang ausgedehnte Sex mit Musse, ist Gourmet.»
Ich fand den Zusammenhang unmittelbar einleuchtend. John riet seinen Paaren, drei unterschiedlich grosse Kerzen in die Fensterbank im Schlafzimmer zu stellen. Wer Lust auf Sex hat, solle dann die passende Kerze anzünden. Da kommt man also nach dem Zähneputzen ins Schlafzimmer, die bessere Hälfte liegt schon da und die kleinste Kerze ist an. Juhu! Heute ein Quickie! Wie erholsam, dass beide nun wissen, dass keine grosse Nummer aus dem Sex werden muss, beide sind müde und morgen kommt auch noch ein Tag. Ich habe dem Food-Konzept von John Grey übrigens später einen draufgelegt: Egal welches Essen dran ist, es sollte noch kurz besprochen werden, ob einfach so, oder mit Nachtisch für beide: Damit meine ich den Orgasmus. Meine Paare lieben seitdem den Quickie! Und ja, manchmal wird er eben ohne Nachtisch genossen, weil beide vorher schon satt oder eingeschlafen sind. Herrlich.