Erziehung
Das grosse Nörgel-ABC
Wir haben mal aufgelistet, was wir durch den Tag so alles an unseren Kindern rumnörgeln. Na, erkennt sich jemand wieder? Wenn ja, wir haben Tipps, wie man aus der Nörgel-Dauerschlaufe rauskommt.
Aufräumen!» Gerne ergänzt durch: «Man sieht ja den Kinderzimmerfussboden gar nicht mehr», gewagte Vergleiche mit Ställen von Nutztieren oder den Hinweis: «Ich bin doch nicht euer Dienstmädchen.»
Beeil dich!» (100 Mal täglich. Okay, eher 1000 Mal.)
Computer aus, jetzt!» Den Router abzustellen und das Wlan zu kappen, kann der Aufforderung den nötigen Nachdruck verleihen.
Dreckige Wäsche gehört in den Wäschekorb!» «Dreckiges Turnzeug von letztem Monat auch.» Wieso das meist einfach auf dem Boden herumliegt und dafür sorgt, dass das Kinderzimmer wie ein Raubtierkäfig riecht, gehört zu den ungelösten Rätseln der Menschheit.
Ellenbogen vom Tisch!» (Selbsterklärend)
Finger aus der Nase! Sonst bricht der dir noch da ab.» Nachteil der Ermahnung: Kinder unter drei Jahren fangen an zu weinen. Kinder über drei Jahren zweifeln am Verstand der Eltern.
Gemüse ist aber gesund». Jaja, und Rüebli sind gut für die Augen, denn niemand hat je einen Hasen mit Brille gesehen. Ein Scherz, den vermutlich schon der Ötzi gebracht hat.
Hast du daran gedacht …» : die Hasen zu füttern, die Regenhose einzupacken, Grosi zum Geburtstag anzurufen… Nein, wahrscheinlich nicht. Schliesslich gibt es ja Mütter, die verlässlich fragen.
Ihr müsst schön leise sein … die Mama hat jetzt einen Videocall/Papa will schlafen.» Erhöht die Motivation des Kindes ungeheuer, umgehend Blockflöte üben zu wollen.
Jetzt reichts. Ich zähl bis drei …» Und dann bis 4, 5 …, 120 …
Kannst du nicht ein einziges Mal so brav sein wie das Kind da? Das backt lieb Sandkuchen und haut seiner kleinen Schwester nicht ständig die Schaufel auf den Kopf.» Lässt sich beliebig ergänzen und führt beim Kind zu unmittelbarem Hass allen braven Kindern gegenüber. Tätsch!
Leg das hin, das geht sonst noch kaputt.» Naturgesetz: 1. Ermahnung: überhört. 2. Ermahnung: überhört. 3. Ermahnung: kaputt.
Mach doch mal dein Handy aus.» Bitte nicht über die zackige Antwort «mach doch selber» wundern.
Nimm einen Schal mit, es ist kalt.» Sprich: Mama oder Papa friert.
Ohren putzen nicht vergessen!» Eine aus Kindersicht total überbewertete Hygienemassnahme.
Pippi machen gehen! Doch! Es ist mir völlig egal, ob du musst. Bevor wir losfahren, gehst du.»
Quetsch nicht an den Pickeln rum, die entzünden sich!» Es besteht die Gefahr, dass der angesprochene Teenager spontan in Tränen ausbricht und tagelang in seinem Zimmer schmollt, ohne zu lüften. Es gilt also abzuwägen!
Rreiss dich zusammen!» Eine recht doofe Anweisung. Ganz offensichtlich kann und will sich das weinenden, schreiende Kind jetzt nicht zusammenreissen, sondern braucht Trost und es hat ja dafür auch keinen Reissverschluss am Körper.
Seife benutzen beim Händewaschen!»
Tu sofort die Schuhe von der Couch.» Genau, sofort!
Und jetzt gib noch das schöne Händchen» Mein Gott, haben wir den staubigen Spruch tatsächlich gebracht?
Vergiss nicht, dass du….» (Vgl: «Hast du…)
Willst du nicht mal langsam ins Bett?» Die Antwort lautet: NEIN!
X-Box aus!»
Yogahose in der Schule und bauchfreies Top? So gehst du mir nicht aus dem Haus!» Bedenke: Jedes halbwegs intelligente Mädchen kann und wird sich zügig in der nächstgelegenen Toilette die verbotenen Sachen wieder anziehen.
Zähneputzen!» Gerne untermalen Eltern diese Aufforderung mit dem Lied «Hei, dei, das, Putzen, das macht Spass» (Melodie von: «Summ, summ, summ, Bienchen, summ herum»). Leider intonieren sie «Hei, dei, das, Putzen, das macht Spass» auch noch lautstark, wenn das Kind zu seinem 16. Geburtstag Übernachtungsgäste eingeladen hat. Besagtes Geburtstagskind möchte daraufhin umgehend sterben.
Tipps um aus der Nörgel-Dauerschleife zu kommen
Entscheidung fällen: Nämlich eine gegen das Dauerberieseln mit Ermahnungen. Das macht nur mutter- oder vatertaub. Hier gilt die Devise: Weniger ist mehr, dann wird auch klarer, was wirklich wichtig ist. Der gute Vorsatz ist ein erster Schritt.
Innerlich bis 10 zählen und sich die Frage stellen: Ist das wirklich so schlimm? Oder bin ich nur gestresst und lasse meinen Frust ab?
Geht es um das Kind oder einen selbst? Heisst «Sei vorsichtig» in Wahrheit «Ich selbst habe Angst»? Das ist nicht das Problem des Kindes und sollte es auch nicht werden.
Fokus aufs Positive. Wer sich fest vornimmt, zunächst das Gute zu erwähnen, merkt beim Sprechen, dass das «Schlechte» vielleicht gar nicht so schlimm ist und wegfallen kann. Beispiel für eine Spontanreaktion: «Was hast du für einen spannenden Aufsatz geschrieben» statt «Schreib doch ein bisschen leserlicher.»
Danke ist ein schönes Wort. «Danke fürs Tischabräumen» macht Kinder stolz. «Musst du die Teller neben die Spülmaschine stellen, statt sie einzuräumen?» lässt sie innerlich den Mittelfinger ausfahren.
Zeitpunkt beobachten: Wann ist der Nörgel-Peak? Morgens, weil es da schnell gehen muss? Am frühen Abend, wenn alle von Schule oder Arbeit erschöpft sind? Vielleicht wird es morgens ruhiger, wenn der Wecker zehn Minuten eher klingelt und nach Feierabend friedlicher, wenn sich jeder erst mal für eine Viertelstunde zurückziehen kann.
An die eigene Nase fassen. Chaoten und Chaotinnen, die andere zur Ordnung anhalten, sind wenig glaubwürdig.
Reden. Ein Gespräch darüber, weshalb selbst zur Schule das bauchfreie T-Shirt ein Must ist («Die anderen finden mich sowieso schon uncool») oder warum die Stofftiere zwingend auf dem Boden sitzen müssen («Die Tiere im Zoo leben auch nicht im Regal») kann sehr erhellend sein.
Wie toll finden wir es selbst, wenn andere Menschen dauernd an uns herumkritteln? Eben. Kinder sehen das genauso.