Pflegefachfrau olanda Scherler (57), Stiftung Kinderhospiz Schweiz (kinderhospizschweiz.ch), Koordinatorin der Familien-Ferienwochen in Davos.
Ich arbeite mit Familien, deren Kinder an einer lebensverkürzenden Erkrankung leiden. Ob das mein Wertesystem verschoben hat? Vielleicht. Ich selber habe eine transplantierte Niere, ich weiss also auch aus eigener Erfahrung, dass es der Moment ist, der zählt. Nur die Gegenwart. Das gilt für alle Familien, mit denen ich arbeite. Sie lernen im Laufe ihres Lebens mit einem kranken Kind, aufs Heute zu schauen und nicht ständig aufs Morgen. Wenn die Familien hier oben in Davos ankommen, dann sind sie ausgelaugt, erschöpft, abgekämpft. Doch meist beginnt nach einiger Zeit die Natur zu wirken, sie erholen sich. Sie lernen, den Moment zu geniessen – trotz allem. Die Werte, die Familien mit einem schwerstkranken Kind haben, sind andere als die üblichen: Geld, Aussehen … all so etwas wird nebensächlich. Was dagegen ungeheuer wertvoll ist: von der Gesellschaft akzeptiert zu werden mit diesem Kind, das anders ist. Normal behandelt zu werden. Und der unschätzbar wichtigste Wert von allen: Menschen zu haben, die in schweren Situationen für einen da sind. Ein Umfeld, an dem man sich festhalten kann. Das zählt. Der Rest? Unwichtig.