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Wenn eine Welt zusammenbricht
Von Bloggerin Nathalie Sassine-Hauptmann

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Für die meisten – mir inklusive – bedeutet der September jedes Jahr, dass wir uns wieder vollkommen im Alltagstrott befinden und der Sommer leider schon wieder vorbei ist.
Für viele Familien bedeutet der September jedoch, dass man endlich von ihrem Drama spricht: Kinderkrebs. Den wenigsten von uns sind die Statistiken bekannt. Jährlich erkranken in der Schweiz durchschnittlich 180 Kinder an Krebs. Krebs tritt am Häufigsten bei Säuglingen und 1- bis 4-jährigen Kindern auf, seltener im frühen Schulalter. Obwohl nicht jede Krebsart einen tödlichen Ausgang erlebt, ist Krebs nach wie vor die zweithäufigste Todesursache bei Kindern.
Monatskampagnen kennt man schon lange. Brustkrebs, AIDS, diverse andere Krankheiten werden im Monatsrhythmus seit Ende des 20. Jahrhunderts den Menschen ins Bewusstsein gerufen. Kinderkrebs im September? Wusstet ihr das? Ich auch nicht. Und das ist das Tragische daran: Das Unwissen.
Doch ich habe sie erlebt. Nennen wir sie die Meiers: Diese Eltern, deren Welt zusammenbrach, bei der unerwarteten und schockierenden Diagnose: Euer Kind hat Krebs. Dieser süsse Fratz, der tapfer blieb, damit sich die Eltern nicht noch mehr sorgen. Dieses Kind, das drei Jahre lang Fragen stellte wie «Wieso passiert das mir?» und «Werde ich in die erste Klasse gehen können?». Diese Familie, die den absoluten Albtraum erlebt hat, ihn mit ungeahnten Kräften zusammen meisterte und immer noch tut. Weil nichts anderes mehr eine Bedeutung hatte, die Chemo ihr Leben bestimmte und die Hoffnung sie jeden Morgen aus dem Bett trieb.
Aber heute gibt es doch so viele Therapien, viele werden wieder gesund, hört man dann. Therapien gibt es. Für Erwachsene. Kinderkrebs ist für die Pharmakonzerne wirtschaftlich uninteressant, da «der Markt zu klein ist». Solche Dinge müssen sich Eltern eben auch anhören, wenn ihr Kind an einer tödlichen Krankheit leidet. Und sich die Medikamente teils aus dem Ausland für viel eigenes Geld holen.
Diesen September wünsche ich mir, dass wir unseren Freunden – auch den virtuellen - Bekannten, Verwandten davon erzählen, dass es Kinderkrebs gibt. Dass er immer noch die zweithäufigste Todesursache bei Kindern darstellt. Und dass die Forschung noch viel zu wenig unternommen hat, um diesen Kleinen zu helfen. Damit sie nicht nur in die erste Klasse kommen können. Sondern auch in die zweite. Damit diese Kinder – und ihre Eltern – nicht nur von Hoffnung, sondern von Tatsachen leben können.
Familie Meier darf im Herbst zum ersten Mal seit Jahren sorgenfrei in die Ferien. Eine Mischung zwischen Staunen und Erleichterung ist zu spüren. Ihr süsser Fratz hat den Krebs besiegt. Er steht für den September, einem Monat der Hoffnung.
Wenn ihr etwas für die Forschung tun möchtet: www.kinderkrebshilfe.ch, www.stiftung-kinderkrebs.ch
Wenn ihr für betroffene Familien unterstützen möchtet: www.sternentaler.ch

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Nathalie Sassine-Hauptmann (1973) gehört zu den Müttern, die ihr schlechtes Gewissen wie ein Baby mit sich rumtragen. Dennoch würde sie ihren Beruf nie aufgeben. Mit ihrem Buch «Rabenmutter - die ganze Wahrheit über das Mutterwerden und Muttersein» spricht sie vielen berufstätigen Müttern aus der Seele. Denn als Unternehmerin weiss sie, dass ihre Kinder sie zwar glücklich machen, aber erst ihr Job ihr den Ausgleich garantiert, den sie braucht. Sie führt sowohl ihr Familienleben als auch ihre Firma mit viel Leidenschaft und macht sich in diesem Blog Gedanken zur Vereinbarkeit von beidem. Und sie hat keine Angst davor, sich eine Feministin zu schimpfen. Alle Blog-Beiträge von Nathalie Sassine-Hauptmann finden Sie hier.