Krippe Spielgruppe Kindergarten
Aller Anfang ist schwer
Ihr Kind – und sei es nur stundenweise – abzugeben ist für die Eltern keine einfache Angelegenheit. Das Alter spielt bei Trennungen die entscheidende Rolle. Ein Baby in der Krippe muss bei der Eingewöhnung anders begleitet werden als ein Dreijähriger; Kindergartenkindern kann man mehr zumuten als einem Spielgruppenkind.
Kinderkrippe (ab 3 bis 4 Monaten bis Kindergartenalter)
Judith Herren, Psychologin und Fachfrau für Krippen, rät, mit der Krippenleiterin im Voraus zu besprechen, wie die Eingewöhnungszeit gestaltet wird, auch bei ganz kleinen Babys.
Anerkannt ist heute das sogenannte Berliner Modell, das auch in der Schweiz von vielen Krippen übernommen wurde: Die Eltern erleichtern den Übergang, indem sie sich die Zeit nehmen, das Kind zu begleiten. Diese Umstellungsphase, bei der die Mutter während den ersten drei Tagen dauernd präsent ist, dann aber schrittweise immer länger wegbleibt, dauert normalerweise etwa zwei Wochen. Sie ist zeitaufwendig, lohnt sich aber: Gut eingewöhnte Kinder fühlen sich später in der Krippe sicherer.
Trotzdem kann es sein, dass das Baby phasenweise wieder Zeter und Mordio schreit, wenn es abgegeben wird. «Nicht unbedingt ein Grund zur Besorgnis», sagt Judith Herren, «dies ist oft ein Zeichen für eine gute Bindung an die Eltern. Entscheidend ist vor allem, wie rasch und wie leicht sich das Kind beruhigt, wenn die Mutter gegangen ist, und ob es ihm dann in der Krippe gut geht.»
Lässt sich das Kleine allerdings gar nicht trösten, zeigt es damit an, dass man einen Schritt zurück machen sollte, dass also ein Elternteil nochmals einige Tage in der Krippe verbringen sollte. Und wenn das nicht klappt, ist im Ausnahmefall sogar eine mehrwöchige Krippenpause angezeigt – sofern man sich das als Mutter oder Vater zeitlich leisten kann.
Klar ist: Bis ein Kind rund zweijährig ist, kann es sich nicht um ein Machtspiel handeln, wenn es herzzerreissend schluchzt, sobald sich die Mutter zum Gehen wendet. Dazu wäre es kognitiv noch gar nicht fähig.
Spielgruppe (3-jährig bis Kindergartenalter)
Für viele Kinder der erste Schritt in eine neue Welt: Bis zu seinem dritten Geburtstag war es vor allem mit seiner persönlichen Entwicklung beschäftigt, lernte zu sprechen und zu laufen. Erst danach ist es soweit, sich auch auf soziale Lernprozesse einzulassen, also selbstständig und unabhängig seinen Platz in einer grösseren Gruppe zu finden, Vertrauen in eine neue Bezugsperson zu fassen und sich für eine kurze Zeit von Mami oder Papi zu lösen.
«Das Geheimrezept ist für alle dasselbe», sagt Silvia Frei, Leiterin der Grundausbildung bei der IG Spielgruppen Schweiz und selber jahrelang Spielgruppenleiterin, «Einfühlungsvermögen, emotionale Begleitung und eine ermutigende Haltung.»
Eltern können ihrem Kind den Trennungsschmerz nicht abnehmen, «können ihn aber als Chance zur Weiterentwicklung sehen», sagt Silvia Frei. Verunsicherten Müttern hilft es sicher auch, zu wissen, dass viele Kinder nach einer kurzen Zeit des Trennungsschmerzes zu weinen aufhören und sich aufs Spielen und Entdecken in der Gruppe einlassen.
Was man nicht tun sollte: Abschleichen, wenn man den Eindruck hat, die Tochter oder der Sohn «spielt gerade so schön». Das wäre ein grober Vertrauensbruch. Ein richtiger Abschied muss sein. Auch wichtig: Das Kind sollte wissen, wann es wieder abgeholt wird («wenn der Zeiger der Uhr einmal rundherum ist») und erzählt bekommen, was Mami ohne es in der Zwischenzeit tut – das schafft Sicherheit.
Kindergarten (ab vier bis fünf Jahren)
«Die beste Vorbereitung auf den Kindergarten ist es, seinem Kind im Alltag etwas zuzutrauen», sagt Franziska Fuhrer, Kindergärtnerin mit 13-jähriger Berufserfahrung. Wenn das selbstständige An- und Ausziehen und der WC-Gang kein Problem mehr sind, ist schon eine Unsicherheit gemeistert.
Die meisten Kinder freuen sich auf den ersten Tag im Kindergarten und sind auch bereit, etwas Trennungsschmerz zu überwinden, wenn ihnen vermittelt wird: «Du bist jetzt gross und gehst allein aus dem Haus, wir sind stolz auf dich!» – und zwar ohne Wenn und Aber.
Auch sie hat schon erlebt, dass ein Bub sein Mami zu Beginn einfach nicht gehen lassen wollte. «Die Frau sass drei Wochen lang mit in der Klasse, bis sie sich überwinden konnte, ihn zu verlassen», erzählt sie, «in diesem Fall lag das Problem eindeutig bei der Mutter.»
Wenn dennoch etwas Hilfe beim Eingewöhnen nötig ist, kann man dem Sohn oder der Tochter beispielsweise ein Halstuch mitgeben, das nach Mami riecht – oder ganz logisch argumentieren: Es heisst schliesslich Kindergarten und nicht Mamigarten!
Gar nicht hilfreich, sagt Franziska Fuhrer, seien jene Mütter, die nach wortreichem Abschied noch vor dem Kindergarten herumstehen und plaudern: «So etwas ist für ein Kind die reinste Folter, weil es immer wieder prüfen muss, ob das Mami noch da ist.» Ein herzlicher, kurzer Abschied ist auch hier das Beste.