2. Oberstufe - Wenn die Schüler alles selber erarbeiten müssen.

Pippilangstrumpf
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 25.10.2007
Beiträge: 1243
Hallo zusammen

Heute kam ein Schreiben des Klassenlehrers meiner Tochter, und ich weiss ehrlich gesagt nicht mehr, wie ich reagieren soll. Darum wäre ich dankbar für Eure Meinungen.

Die Situation stellt sich wie folgt dar: Schon in der 1. Oberstufe haben die Kinder beim Klassenlehrer eigentlich nur selber den Stoff erarbeitet (Deutsch / Englisch / Welt- und Umwelt / Lebenskunde). Sie mussten Vorträge vorbereiten und für den restlichen Stoff erhielten sie "Dossiers", in denen sie während der Schulstunden individuell arbeiten mussten.

Während dieser Zeit beschäftigte sich der Lehrer mit SMS-Schreiben, mit Youtube-Videos anschauen und dergleichen mehr.

Nun kommt heute eben dieses Schreiben, in dem steht : "Bereits jetzt geht es für die Schülerinnen, mich und Sie wieder darum, das neue Schuljahr gedanklich in Angriff zu nehmen. Einen grossen und wichtigen Teil dieses Schuljahres wird neben den üblichen Fächern der Berufswahlunterricht einnehmen. Nicht nur die schulischen Leistungen sind enorm wichtig, sondern ebenso sind die erweiternden Kompetenzen wie Selb- und Verantwortungsbewusstsein, Organisationsfährigkeit und Teamfähigkeit gefragt. Daher wird auch im neuen Schuljahr der Fokus unter Anderem auf das eigenständige / selbstorganisierte Arbeiten und Lernen gelegt. Hier möchte ich in einem unbeschwerten Rahmen zu Beginn des Schuljahres anknüpfen und einen kleinen Brunch mit den Schülern abhalten. Dazu gebe ich die Verantwortung zum grössten Teil an die Lernenden ab. Ich selbst werde mich um die Getränke kümmern. Alles andere sollen die Schüler/innen unter sich organisieren und aufteilen. Ich bin gespannt, was uns am 1. Schultag (...) im Schulzimmer erwartet und freue mich auf das gemeinsame Frühstück mit den Schüler/innen.
Ich danke allen für die Organisation und blicke einem freudigen Wiedersehen beim Schulstart entgegen."

Für mich tönt das, wie wenn weiter kein "Unterricht" im eigentlichen Sinn stattfinden wird (mit Erklärungen), sondern dass er weiter unter dem Deckmantel "Selbstkompetenz" die Schüler sich selbst überlassen wird.

Und, es nervt mich extrem, dass meine Tochter nun anfangs dritter Woche der Sommerferien schon wieder mit solchem "Scheiss" bombardiert wird, weil der Herr vor den Ferien keine Lust hatte, einen Ausflug zu organisieren (den sich die Schüler gewünscht hatten), sich die Schüler dann bei der Schulsozialarbeit beschwert haben, und er nun plötzlich merkt, dass er etwas tun sollte. Aber natülich bleibt es wieder an den Schülern hängen...

Och, ich bin so emotional geladen, dass ich wirklich nicht mehr nachdenken kann, wie ich vorgehen soll (PS: Schulleitung weist darauf hin, dass solche Probleme erst mit dem Lehrer direkt zu besprechen sind. Das habe ich telefonisch einmal versucht, und wir finden keinen gemeinsamen Nenner, da er der Ansicht ist, dass er seinen Unterricht frei gestalten darf, und er durchaus den Anspruch hat, das Handy während des Unterrichts zu gebrauchen. Tja.)

Wie seht ihr das?
alterhase
Dabei seit: 19.05.2012
Beiträge: 18
Diese Unterrichtsform nennt sich ja sol-selbstorganisiertes Lernen- unsere Kinder sagten dazu immer-Schule ohne Lehrer!

Ich weiss, keine Hilfe!

Pippilangstrumpf
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 25.10.2007
Beiträge: 1243
alterhase: genau ! dann findet aber meine tochter, dass sie auch nicht in die schule muss, sondern dass sie sich das auch zu hause (in einem ruhigeren umfeld mit besseren technischen möglichkeiten) selber erarbeiten kann.

was soll ich ihr da denn genau antworten?

ps: deutsch und english (wie auch französich, aber dies betrifft nicht die gleiche lehrperson) beherrsche ich definitiv besser als die lehrer :/
taraxacum
Dabei seit: 27.01.2004
Beiträge: 1317
In Anbetracht der Selbstbestimmung - soll deine Tochter entscheiden, wie sie mit diesem Brief umgehen soll. Bestimmt hat die Klasse eine Chat-Gruppe, dort könnten sie diskutieren, was sie tun sollen. Wer weiss, vielleicht gehen sie dann normal zur Schule und möchten einfach unterrichtet werden?

Als Mutter würde ich die Verantwortung der Tochter abgeben. Gleichzeitig könnte ich mir vorstellen, dass ich den Brief zur Kenntnis an die Schulleitung schicken (mit Info an die Tochter) und mein Bedauern zum Ausdruck bringen würde. Dazu würde ich mein Empfinden und die bereits getroffenen Gesprächsversuche festhalten und den Wunsch äussern, dass die SuS imm kommenden Jahr durch die Lehrperson aktiv in der Berufswahl begleitet werden.
Möglicherweise würde ich auch um ein Gespräch mit der Schulleitung bitten.

[Dieser Beitrag wurde 1mal bearbeitet, zuletzt am 24.07.2014 um 12:21.]

Wisse immer was du sagst, aber sage nicht immer, was du weisst.
KlaraM
Dabei seit: 01.03.2013
Beiträge: 1770
Der Lehrer hat Methodenfreiheit. Die Lernziele allerdings sind verbindlich. Darum geht es doch im Grunde auch, nicht wahr, und die kann man auf verschiedene Arten erreichen. Viele Wege führen nach Rom.

@Pippi

Fachkompetenz ist nur das eine, was eine LP mitbringen muss, aber die ist natürlich wichtig. Perfekt muss man aber nicht sein, um ein Fach zu unterrichten. Nicht der Lehrer mit dem besten Franz oder Englisch ist der beste Vermittler oder Lerncoach. Vielleicht hast du selber einfach eine sehr hohe Fachkompetenz? Ich finde das nicht mal so ungewöhnlich, Lehrer sind ja keine Alleswisser.

Frag doch den Lehrer an, ob er nicht anlässlich des Elternabends seine Unterrichtsformen nochmals allen Eltern erklären möchte mit einem besonderen Augenmerk darauf, wie Lernfortschritte erzielt, sichtbar gemacht und überprüft werden und wie er seine Rolle sieht und lebt. Freundlichst positiv formuliert, so im Stil von: "Das gab's zu unserer Schulzeit noch nicht, weshalb es mir und vielleicht auch anderen Eltern etwas schwerer fällt, diese neuen Methoden zu verstehen." icon_confused.gif



[Dieser Beitrag wurde 1mal bearbeitet, zuletzt am 24.07.2014 um 12:24.]
Sonntag
Dabei seit: 06.03.2011
Beiträge: 138
Es sind jetzt Ferien !!

In finde es nicht in Ordnung, währen den Ferien Aufgaben zu verteilen.

Also: Am 1. Schultag wird es zum Frühstück nur Getränke geben (die ja der
Lehrer organisiert)

Wie dann der weitere Unterricht aussieht, bleibt abzuwarten. Ich
befürchte, dass es aber im alten Stil weiter geht. Hier hilft nur ein
Gespräch mit dem Lehrer und dann die Schulpflege.


Never say never
Pippilangstrumpf
ThemenerstellerIn
Dabei seit: 25.10.2007
Beiträge: 1243
@ taraxacum, bezüglich frühstück geht meiner tochter der brief am a. vorbei (entschuldige die ausdrucksweise), da sie am ersten schultag sowieso nicht da ist, weil sie noch im trainingslager ist. bezüglich des briefes an die schulleitung, ja, da ist wohl wieder einmal etwas nötig, denn es gibt noch andere baustellen :s

@ klara, leider scheinen mir dem lehrer fach- und sozialkompetenz abzugehen... und ja, er hat die methodenfreiheit. aber er muss, wenn er als lehrer ernst genommen werden will, mit den schülern eine gewisse kommunikation aufrecht erhalten. wenn er sie nur "beschäftigt", dann geht da ganz viel verloren. im übrigen ist es auch seine aufgabe, auf die schüler einzugehen, und nicht jeder schüler lernt gleich (visueller, auditiver lerntyp etc.). tut er dies nicht, wird er einmal mehr den schülern nicht gerecht.

@sonntag, da würde ihnen dann in irgendeiner art wieder ein strick draus gedreht werden...
Universum
Dabei seit: 13.05.2013
Beiträge: 1515
Pippilangstrumpf: ich habe dir nur zum Thema Ausflug ein Input: als ich in der 2.Sek war, liess uns unser Lehrer Ausflugsziele vorschlagen, dann wurde demokratisch abgestimmt und derjenige, dessen Ausflugsziel die Mehrheit erreichte, hat den Ausflug komplett selber organisiert für die ganze Klasse- das war ich, und es hat alles bestens geklappt und wird in guter Erinnerung bleiben.
Ich finde, den heutigen Kindern und Jugendlichen wird oft zu wenig zugetraut und es wird ihnen zu vieles abgenommen. So werden sie unselbständig und erwarten dauernd, dass ihnen geboten wird.

Nun doch noch schnell: SMSen und Filmli schauen als Lehrer? Das gehört vor die Schulleitung! Falls die nicht grad damit beschäftigt ist, den Kindern die Handys zu konfiszieren, da sie ja inzwischen an den meisten Schulen verboten sind...

Versprich nichts, wenn Du glücklich bist.
Antworte nicht, wenn Du wütend bist
und triff keine Entscheidungen wenn Du traurig bist.

Autor unbekannt.
Globi
Dabei seit: 30.07.2008
Beiträge: 2774
Ich wäre mit dieser Unterrichtsmethode auch nicht glücklich!

Kann mir aber nicht vortstellen, dass es Sinn und Zweck ist, dass der Lehrer schulfremde Sachen erledigt. Zumal in wohl den meisten Schulen, die Handynutzung sehr eingeschränkt ist.

Ich wäre da mal wieder ganz böse: Den Schulleiter anrufen und ganz freundlich fragen, ob SMS, Zeitunglesen oder sonstiges zu diesem freien Lernen gehören würde icon_wink.gif - Und ich kann mir die Antwort durchaus denken icon_biggrin.gif

Und wenn die Schulleitung das Gefühl hat, sie seien nicht zuständig: Schulpflege. Und das ja schrifltich! Die machen nämlich absolut nichts, auch wenn sie es von dutzenden von Eltern hören. Nur wenn es schriftlich vorliege, könnten sie was machen - wurde mir mal gesagt.
KlaraM
Dabei seit: 01.03.2013
Beiträge: 1770
Ich bin auf Grund deiner Beschreibung nicht ganz sicher, aber wenn es sich um Atelier-Unterricht handelt, würde ich das sogar SEHR begrüssen, aber natürlich nicht so wie beschrieben.

Wichtig ist dabei aber auf jeden Fall das Feedback des Lehrers (neben anderen Eckpunkten wie Planung und Reflexion des einzelnen Schülers).
Handy und Surfen geht im Schulzimmer gar nicht (ausser das Smart phone wird als Hilfsmittel eingesetzt icon_biggrin.gif)
Keine Unterrichtsform ist per se gut oder schlecht. Sie muss natürlich gut umgesetzt werden. Wenn Atelierunterricht gut gemacht wird, ist das für den Lehrer übrigens mit viel Arbeit verbunden.