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Achtung Rabenmutter!
Von Bloggerin Nathalie Sassine-Hauptmann

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«Achtung Mütter» heisst die neue Heimatland-Sendung des SRF. Grundsätzlich halte ich nicht viel von solchen Sendungen, aber das ist nicht der Grund, wieso ich die Anfrage des Fernsehsenders vor ein paar Monaten zurückgewiesen habe. Sie wollten, dass ich die Berufstätige mime. Abgesagt habe ich aber vorwiegend deswegen, weil meine Männer zu Hause es alles andere als witzig gefunden hätten, tagelang gefilmt zu werden. Mit einem Teenager weiss man sowieso nicht, wann die nächste Explosion bevorsteht... Also liessen wir es lieber.
Dennoch war ich natürlich gespannt auf die Sendung und habe mir die ersten zwei Folgen angeschaut. (In jeder Sendung wird eine der Mütter «durch die Mangel genommen».) Bis jetzt also zwei Mütter, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Kommentieren werde ich hier aber nur die Folge mit Claudia Argentato: Alleinerziehend und 100% berufstätig. Schlicht deswegen, weil ich zum Vollzeitmami Ramona keine Stellung beziehen kann. Ihr Lebensmodell ist mir in verschiedenster Hinsicht vollkommen fremd: Sowohl die Anzahl Kinder als auch ihr Leben als Hausfrau habe ich nie erlebt und masse mir deshalb nicht an, etwas dazu sagen zu können.
Claudias Alltag hingegen ist mir – wie ihr euch denken könnt – viel näher. Klar, ich habe zwei Kinder und einen Mann zu Hause, der mitdenkt, Entscheidungen trifft und vor allem: Verantwortung trägt. Das hat Claudia alles nicht, weshalb ich ihr gleich vorneweg ein Kränzchen winde: BRAVO! Gopfertelli, die hat was auf dem Kasten, die Frau! (Aber Claudia bitteschön, UNO spielen morgens um 07.00 Uhr? Come on!! Du Streberin! ;-)
Naiv wie ich bin, würde ich denken, dass das alle so sehen. Tja, da habe ich mich offenbar sehr getäuscht, zumindest was die zwei Ramonas in der Sendung betrifft.
Meine Notizen zur Sendung, mit denen ich Claudias «Darbietung» kommentieren wollte, setzen sich fast ausschliesslich aus Zitaten zusammen, die mich auf die Palme gebracht haben (chronologisch nach Aussage in der Sendung):
«Hat die Kleine nie geweint, wenn du sie abgegeben hast?» (Und bloss weil ein Kind weint, muss man alles stehen und liegen lassen?)
«Kinder werden im Hort konditioniert und das hat Auswirkungen.» (ALLE Kinder. Denn sie sind ALLE gleich. Und die Horte sowieso.)
«Ich habe mich für Kinder entschieden, also bin ich für sie da.» (Im Gegensatz zu uns, die wir diese Kinder eines Tages vor der Haustüre vorgefunden haben und uns dachten «Mist, was mache ich jetzt bloss damit? Ab in die Krippe!»)
«Wieso hat man Kinder, wenn man sie dann fremd betreuen lässt?» (Aaaah, der Klassiker, mein Favorit! Weil ein Kind nicht heisst, mit allem anderen aufzuhören.)
«Dann ist dein Kind irgendwo zum Essen.» (Irgendwo. Nicht etwa immer am selben Ort mit Betreuungspersonen und seinen Freunden. IRGENDWO.)
«Das Kind gehört in den ersten Jahren zum Mami.» (Die Papis sind in dieser Sendung schliesslich inexistent. Bis jetzt.)
«Ava umarmt dich nicht.» (Hui, das wird eine psychogestörte Serienmörderin und Mutti ist schuld!)
«Die Liebe fehlt, also die physische.» (Eine Sechsjährige, die sich vor laufender Kamera nicht knuddeln lassen will. Der Schocker! Es gibt übrigens auch Kinder, die Umarmungen nicht mögen. Aber die Kleine fragt ja keine.)
«Was wäre, wenn dein Kind an erster Stelle käme?» (Denn uns Berufstätigen sind die Arbeitskollegen und das Geld natürlich wichtiger, als das Wohl unserer Kids.)
«Es bräuchte halt Kompromisse.» (Das kann nur eine sagen, die echt keine Ahnung hat, wie viele tausende von Kompromissen wir jeden Tag machen.)
«Sie setzt Ava vor den Fernseher und muss so keine Zeit mit ihr verbringen.» (Ha! Denn wir sollten bitteschön sprichwörtlich JEDE FREIE MINUTE mit unseren Kindern verbringen.)
«Sie begleitet ihr Kind nicht in den Schlaf.» (Ava ist sechs. Echt jetzt?)
«Hat Ava schon mal einen Coop von innen gesehen?» (Kein Kommentar.)
«Das ist für mich ein falsches Verwöhnen.» (Wir sprechen hier von einer wunderschönen Torte für den Kindergeburtstag. Man stelle sich nur vor, die Rabenmutter hätte beim Bäcker eine Torte bestellt, was da los gewesen wäre im Studio!!)
«Doch, du bist ein echtes Mami und nicht nur Businessfrau.» (Die Offenbarung des Abends! Es geht beides!)
Claudia Argentato selber fasst das eigentlich am Besten zusammen: «Das Eine schliesst das Andere ja nicht aus.» Danke Claudia und ja, wie du selber sagst, hast du es den Supermuttis gezeigt! Bravo!
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Nathalie Sassine-Hauptmann (1973) gehört zu den Müttern, die ihr schlechtes Gewissen wie ein Baby mit sich rumtragen. Dennoch würde sie ihren Beruf nie aufgeben. Mit ihrem Buch «Rabenmutter - die ganze Wahrheit über das Mutterwerden und Muttersein» spricht sie vielen berufstätigen Müttern aus der Seele. Denn als Unternehmerin weiss sie, dass ihre Kinder sie zwar glücklich machen, aber erst ihr Job ihr den Ausgleich garantiert, den sie braucht. Sie führt sowohl ihr Familienleben als auch ihre Firma mit viel Leidenschaft und macht sich in diesem Blog Gedanken zur Vereinbarkeit von beidem. Und sie hat keine Angst davor, sich eine Feministin zu schimpfen. Alle Blog-Beiträge von Nathalie Sassine-Hauptmann finden Sie hier.